Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 06.11.2024, Seite 6 / Ausland
Friedenspolitik

Aktive Neutralität gefordert

Österreich: Sozialdemokratische Initiative will Einschwenken der kommenden Koalitionsregierung auf NATO-Kurs verhindern
Von Dieter Reinisch, Wien
6.JPG
Hat als Hoffnungsträger der Parteilinken bisher enttäuscht: SPÖ-Chef Andreas Babler (Wien, 28.9.2024)

Groß ist die Unzufriedenheit in der österreichischen Sozialdemokratie über die außen- und friedenspolitischen Positionen der Partei. Besonders jene, die als Vorbild immer noch die aktive Neutralitätspolitik Bruno Kreiskys sehen, sind enttäuscht. Dies war Ende Oktober deutlich auf einer Podiumsdiskussion in Wien zu beobachten. Denn groß war die Hoffnung auf Parteichef Andreas Babler. Dieser kommt vom linken Rand der SPÖ und war lange Zeit aktiv in friedenspolitischen Strukturen und ist als Verfechter der Neutralität bekannt.

Davon ist, seit er zum Vorsitzenden gewählt wurde, kaum noch etwas übriggeblieben. Entweder bleibt er schwammig in Fragen der Außenpolitik, oder er schweigt. Parteiinsider weisen darauf hin, dass zu einflussreichen Beratern Bablers ausgesprochene Transatlantiker zählen, wie Nikolaus Kowall aus Wien. Babler würde zuviel auf diese hören, da er Angst vor schlechter Berichterstattung aus der einflussreichen liberalen und transatlantischen Blase habe, so ist aus den Reihen der SPÖ zu hören.

Nun zieht eine neue politische Gewitterfront herauf: Diese Woche beginnen die konkreten Regierungsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ. Vieles spricht dafür, dass die beiden Parteien die liberalen Neos mit ins Boot holen. Die sind klare Verfechter einer Abschaffung der Neutralität. Erst vergangene Woche beschloss ihr Jugendverband mit 90 Prozent Zustimmung, sich für einen NATO-Beitritt des Landes einzusetzen.

Der liberalen Parteispitze ist die NATO wichtiger als die Neutralität dem sozialdemokratischen Bundesvorstand. Damit die laufenden Koalitionsverhandlungen nicht zu einer weiteren Aushöhlung führen, geht die sozialdemokratische Initiative »Aktiv neutral« nun in die Offensive: »Wir sind die Hüter der Beschlusslage der SPÖ, damit die Neutralität nicht weiter unterhöhlt wird«, beschrieb Gründungsmitglied Erwin Buchinger die Initiative am Dienstag im jW-Interview.

Die Initiative war im März 2022 gegründet worden, als »Tendenzen in Österreich aufkamen, die Neutralität im Zuge des Ukraine-Kriegs zu entsorgen«, erzählte er. Diese seien auch in der SPÖ spürbar gewesen. Um ihn scharen sich »einige Parlamentsabgeordnete, Exstaatssekretäre und Minister«, kurz: »Leute mit Erfahrung und junge Aktivisten«. Am Dienstag schickten sie einen offenen Brief an die Bundesparteiführung und den ehemaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Er sei nämlich der »Vertreter einer Tradition der Kreiskyschen Außenpolitik«, erklärte Buchinger.

Mit dem Brief möchte die Gruppe auf die kommenden Koalitionsverhandlungen Einfluss nehmen. Unter dem Titel »Wie könnte eine sozialdemokratische Außen- und Sicherheitspolitik für die kommende Legislaturperiode aussehen?« fordert sie den Erhalt und Ausbau der Neutralität. Der Krieg in der Ukraine müsse durch einen raschen Waffenstillstand und anschließende Friedensverhandlungen beendet werden: »Ausschließliche Fixierung auf eine militärische Unterstützung der Ukraine widerspricht einer sozialdemokratischen Grundhaltung«, ist zu lesen. Das gleiche gelte auch für mögliche kommende Konflikte im Pazifik.

Statt dessen müsse Österreich den »Aufbau einer gesamteuropäischen Sicherheitsstruktur mit Russland als Partner« fördern. Ein aktiv neutrales Österreich könne auch eine »Brückenfunktion« zu den »Blockfreien/BRICS-Staaten« einnehmen, um »gemeinsam in Konflikten dämpfend und beendend zu wirken«. Bis Redaktionsschluss gab es von der Parteispitze keine Antwort auf den Brief. Das hatte Buchinger auch nicht erwartet. Binnen zwei Wochen sollte diese aber schon kommen, falls nicht, sei dies »auch ein Zeichen der Parteiführung«.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche: