Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 07.11.2024, Seite 16 / Sport
Boxen

Angeknockt und angezählt

Bleibt Boxen olympisch? IOC fordert Bruch mit der IBA. Konkurrenzorganisation WB steht bereit
Von Oliver Rast
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Schlagstark und treffsicher: Imane Khelif (l.) im Olympiaviertelfinale im Weltergewicht in Paris (3.8.2024)

Es ist ein riskantes Spiel – und die Gretchenfrage lautet: Wird Boxen olympisch bleiben? Etwa bei den Sommerspielen 2028 im kalifornischen Los Angeles (LA) in den USA? Sicher ist das nicht. Denn bislang steht der klassische Faustkampf nicht im (vorläufigen) Programm des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Fest steht hingegen: Das IOC wird nicht mehr wie 2021 in Tokio und 2024 in Paris das olympische Boxturnier austragen. Keine weitere Interimslösung also.

Und das IOC hat unlängst den Druck erhöht, deutlich sogar, mittels Rundschreiben vom 30. September an die Nationalen Olympischen Komitees (NOC). Kernsatz des »blauen Briefs«: »Die NOCs dürfen sich nicht mehr nationalen Boxverbänden anschließen, die noch der International Boxing Association (IBA) angehören, und auch keine institutionellen Beziehungen zu diesen unterhalten.« Das dürfte gleichfalls Doppelmitgliedschaften betreffen. Übersetzt: Das IOC fordert die NOCs auf, alle Kontakte zur IBA zu kappen. Ultimativ. Wer das unterlässt, fliegt. Aus der olympischen Familie, aus dem olympischen Boxturnier.

Neue Eskalationsstufe

Damit ist eine neue Eskalationsstufe erreicht, im Clinch IOC versus IBA. Einem, der seit Jahren anhält. Das IOC hatte die IBA bzw. vormalige AIBA (Association Internationale de Boxe Amateure) 2019 wegen Manipulations-, Korruptions- und Intransparenzvorwürfen suspendiert, 2023 ausgeschlossen. Daraufhin haben einzelne nationale Boxverbände im April 2023 die Organisation World Boxing (WB) gegründet und im November den ersten Kongress in Frankfurt am Main abgehalten. Zu den Gründungsmitgliedern zählt unter anderem der DBV, der Deutsche Boxsport-Verband. Ziel von WB ist es, die Nachfolge der IBA als internationaler Dachverband des olympischen Boxens anzutreten und künftig die Wettkämpfe bei Olympia auszurichten.

Der Zoff ging durch die Instanzen. Rechtsbeistände der geschassten IBA riefen den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne wegen des Ausschlusses durch das IOC an. Erfolglos. Der CAS bestätigte im April den IOC-Beschluss. Alles rechtmäßig. Und auch letztinstanzlich unterlag die IBA im September vor dem Schweizer Bundesgericht. Damit sind alle Rechtsmittel ausgeschöpft. Olympia ist passé, jedenfalls für die IBA.

Politische Agenden

Einfach klein beigeben will Umar Kremlew nicht. Erwartbar, ist er doch IBA-Präsident – und das seit Dezember 2020. »Die olympische Bewegung ist mehr als nur das IOC«, betonte der russische Sportfunktionär jüngst auf Nachfrage des Autors. Hinzu komme: Das IOC versuche, seine Macht zu nutzen, um die IBA mit ihren knapp 200 Mitgliedern zu zerstören.

Was ist mit dem »blauen Brief«? Kremlew: »Das IOC mischt sich in Angelegenheiten unabhängiger Sportverbände ein.« Inakzeptabel. Jene sollten eigenständig entscheiden, was das Beste für ihre Athleten sei. Kremlew rügt besonders, dass die Ringfighter »wegen politischer Agenden diskriminiert« würden. Dem IBA-Präsidenten wird eine Nähe zum Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, nachgesagt, ferner ist das IBA-Sponsoring durch den russischen Staatskonzern Gasprom ein Politikum.

Dabei gebe es, meint Kremlew, keine Alternative zur IBA. Weshalb nicht? Man verfüge über ein erstklassiges Veranstaltungsportfolio, ein hohes Wettbewerbsniveau und ein finanzielles Unterstützungsprogramm für nationale Verbände. Und nicht zuletzt habe die IBA eine »Brücke zwischen Amateur- und Profiboxen geschlagen«, um den Sport optimal zu entwickeln. Kurzum, die IBA sei die »Hüterin des Boxens«. Niemand sonst sei in der Lage, eine derart aufwendige internationale Verbandsarbeit zu organisieren. Kremlew selbstbewusst: »Wir tun, was richtig ist – nicht, was einfach ist.« Und WB? Der Verband habe keine großen Events, nur »umbenannte« Veranstaltungen seiner Mitglieder, so Kremlew. Das Wettkampfvolumen sei unter dem Strich unzureichend, darunter litten die Athleten.

Aspirant für Olympia

Aussagen, die Boris van der Vorst nicht beeindrucken. Das IOC habe die IBA ausgeschlossen und allen nationalen Verbänden klargemacht, »dass Boxen nur dann wieder in das Programm von LA 2028 aufgenommen wird, wenn es einen vertrauenswürdigen und zuverlässigen internationalen Verband hat«, teilte der niederländische WB-Präsident kürzlich dem Autor mit. Einen, mit dem das IOC zusammenarbeiten könne und der national unterstützt werde. »WB ist ein solcher.«

Zumal WB binnen eines Jahres rasant gewachsen ist. Ein Wachstum, das van der Vorst in seinem Report zum zweiten Verbandskongress am 3. November in Colorado Springs in den USA herausstrich. Aktuell hat WB 55 Mitglieder auf allen Kontinenten. Eine Zahl, so van der Vorsts Hoffnung, die nach dem Kongress weiter steigen werde. Zuletzt hatten Kasachstan und Usbekistan als »Box-Schwergewichte« angekündigt, WB beizutreten. Was die beiden Boxverbände aus den Exrepubliken der alten Sowjetunion dann auch taten. Das bedeute einen »großen Auftrieb« und werde »die Präsenz in Asien erheblich verstärken«, betonte van der Vorst. Auch der Wettkampfkalender wird voller. Das Highlight: Die Weltmeisterschaft der Männer und Frauen im September 2025 in Liverpool, ein Meilenstein für WB.

Deadline bis Anfang 2025

Aber: Boxen bei Olympia, wie sieht es aus? Fakt ist: Die Fünf-Ringe-Organisation hat für die Spiele in LA eine Deadline gesetzt, bis Anfang 2025. Bis dahin muss ein solider, handlungsfähiger Weltverband existieren, mit 50 Mitgliedern plus X. Eine Mindestmarke, die erreicht ist. Ein weiterer Fingerzeig ist, dass WB bereits im Mai Beziehungen zum IOC aufgenommen hat. Zudem besteht seit kurzem eine Olympische Kommission unter dem Vorsitz des kasachischen Exweltmeisters und Olympiasilbermedaillengewinners Gennadi »Triple G« Golowkin. Und mal ehrlich, Olympia ohne Boxsport, einer der ältesten Disziplinen, in den USA – kaum vorstellbar, oder? Alles in allem, »wir sind auf dem besten Weg, Anfang 2025 die vorläufige Anerkennung durch das IOC zu erhalten«, erwartet van der Vorst laut Kongressreport. Sollte es so kommen, wird die Gretchenfrage beantwortet sein: Boxen bleibt olympisch.

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