Moskau bleibt kühl
Von Reinhard Lauterbach, PoznańRussland hat mit Zurückhaltung auf den Wahlsieg Donald Trumps in den USA reagiert. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte, man dürfe nicht vergessen, dass die USA ein »feindseliges Land« seien, das »direkt und indirekt in den Konflikt mit uns verwickelt ist«. Das Außenministerium veröffentlichte eine Erklärung, die zwar eine gewisse Grundsympathie mit Trumps Positionen und Schadenfreude über die Niederlage der »globalistischen Elite« verriet, die sich um Kamala Harris gruppiert habe, aber die mit den Worten endet: »Wir haben keine Illusionen über den gewählten US-Präsidenten oder über die Republikanische Partei. Die Elite, die die USA regiert, ist antirussisch.« Diese Linie unterliege kaum parteipolitischen Schwankungen. Russland werde mit der neuen Regierung arbeiten, sobald sich diese im Weißen Haus eingerichtet habe, dabei die eigenen Interessen hart verteidigen und sich darauf orientieren, alle Ziele der »militärischen Spezialoperation« zu erreichen. Die Bedingungen für eine Beendigung des Konflikts in der Ukraine seien in Washington bekannt und stünden nicht zur Diskussion. Peskow erteilte ergänzend Äußerungen von Trump eine Absage, er werde den Ukraine-Krieg »innerhalb von 24 Stunden beenden«. Das gehe nicht über Nacht, so Peskow.
Noch am Dienstag hatte Präsident Wladimir Putin in Moskau erklärt, Russland sei nicht gegen Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Konflikts, es habe sie zu dessen Beginn sogar selbst geführt. Es sei die Ukraine gewesen, die diese Gespräche »auf Anraten von außerhalb« verlassen habe. Gleichwohl ist der beschleunigte Vormarsch der russischen Truppen in der Ukraine sicherlich auch von dem Bestreben angetrieben, vor einem eventuellen Waffenstillstand möglichst viel des angestrebten Gebiets zu erobern.
In Kiew äußerten Politiker des Selenskij-Lagers und der prowestlichen Opposition die Hoffnung, dass Trump die von ihm angekündigte rasche Beendigung des Konflikts nicht auf Kosten ukrainischer Interessen durchsetzen werde. Unterdessen beschleunigte Washington die Freigabe von Rüstungshilfen im Wert von sechs Milliarden US-Dollar, die der scheidende Präsident Joe Biden noch kurz vor der Wahl aus ungenutzten Haushaltsmitteln umgewidmet hatte. In der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita erläuterte Samuel Charap von der dem Pentagon zuarbeitenden Rand-Stiftung, die US-Waffenhilfe werde ungeachtet des Präsidentenwechsels ohnehin weitergehen. Ukrainische Kommentatoren machten sogar die Rechnung auf, dass Russland genau aus dem Grunde früher oder später Frieden schließen müsse, weil es den Krieg aus eigenen Mitteln bestreite, während die Ukraine unbeschränkt aus dem Ausland finanziert werde.
In Belarus erklärte Präsident Alexander Lukaschenko, ihm sei völlig gleichgültig, wer die Wahl in den USA gewonnen habe. Zudem bemerkte der notorische Macho Lukaschenko, das Votum habe gezeigt, dass die USA »nicht reif für eine Frau als Präsidentin« seien. Dasselbe hatte er 2020 über seine Herausforderin Swetlana Tichanowskaja gesagt.
In Polen kam es am Mittwoch im Parlament zu einer skurrilen Situation. In einer Sitzung, die ganz anderen Themen gewidmet war, erhoben sich die Abgeordneten der PiS und der »Konföderation« und skandierten minutenlang »Donald Trump, Donald Trump«. Die Rechte äußerte die Hoffnung, dass mit dessen Wahlsieg auch die EU-Pläne zur Energiewende zum alten Eisen geschoben werden müssten und Polen wieder wie schon in Trumps erster Amtszeit privilegierte Beziehungen zu den USA genießen werde. Auf seiten der Regierungsparteien rühmte sich Außenminister Radosław Sikorski seiner »engen Arbeitsbeziehungen auch zu den Republikanern« – ein Seitenhieb in der Konkurrenz um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der »Bürgerkoalition«, an der Sikorski gegen den favorisierten Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski interessiert ist. Sikorski vertritt dabei den rechten Parteiflügel, Trzaskowski den linksliberalen.
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