Volkskongress will lokale Umschuldung
Von David MaiwaldDie chinesische Regierung will Anleihen im Umfang von mehr als zehn Billionen Renminbi Yuan (etwa 1,3 Billionen Euro) ausgeben. Ein weiteres Konjunkturpaket wurde entgegen vorheriger Erwartungen nicht bekanntgegeben. Wie der Nationale Volkskongress am Freitag mitteilte, sollen Kommunalverwaltungen dadurch über die nächsten drei bis fünf Jahre Mittel erhalten, um »bestehende versteckte Schulden auszugleichen«. Finanzminister Lan Foan erklärte dazu am Freitag, den hochverschuldeten lokalen Regierungen werde es so ermöglicht, ihre Finanzen umzuschichten. Das soll ihnen wieder Finanzierungsmöglichkeiten für neue Projekte schaffen. Das soll die schwache Binnennachfrage der Volksrepublik ankurbeln.
Bis zum Jahresende 2023 haben die lokalen Verwaltungen Lan zufolge bereits rund 14,3 Billionen Renminbi Yuan (rund 1,8 Billionen Euro) nicht bilanzierter Schulden angehäuft. Bis 2028 sollen die Maßnahmen sie nun auf 2,3 Billionen Renminbi Yuan (rund drei Milliarden Euro) senken, etwa indem die Kommunalverwaltungen Anleihen ausgeben, hieß es weiter. Die Sonderschuldengrenze der lokalen Regierung solle dafür bis Ende 2024 um sechs Billionen Renminbi Yuan von derzeit 29,52 Billionen auf dann 35,52 Billionen angehoben werden, erklärte Xu Hongcai, stellvertretender Vorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschusses, am Freitag.
Die jüngsten Beschlüsse des Volkskongresses folgen auf eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen zur Erholung der chinesischen Binnenwirtschaft. Denn die Volksrepublik steht unter Zugzwang. Die Zinssenkungen und Unterstützungsmaßnahmen von Finanz- und Immobiliengeschäften durch Volksbank und Entwicklungskommission zeigten zwar Anzeichen für eine Belebung der Inlandsnachfrage, befand die Financial Times am Freitag. Doch sollte Donald Trump seine Ankündigung wahrmachen, Waren aus China mit Zöllen von bis zu 60 Prozent zu belegen, könnte das die chinesische Wirtschaftsleistung deutlich bremsen. Die Maßnahmen der Regierung müssten also wirksam werden, »bevor Trumps Zölle den Außensektor treffen«.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (10. November 2024 um 10:19 Uhr)Die Idee der Umschuldung verschuldeter öffentlicher Stellen ist keineswegs neu. Schon der politisch noch unerfahrene Präsident Obama hatte vorgeschlagen, den in der Immobilienkrise in Not geratenen Bürgern direkte Staatshilfen zu gewähren – anstelle von Bankenrettungen. Letztlich kamen die Milliardenhilfen jedoch den Banken zugute, nicht den betroffenen Bürgern. Dies zeigt die Einschränkungen, die selbst der »mächtigste Mann der Welt« innerhalb des kapitalistischen Systems erfährt. China verfolgt nun eine andere Strategie, um ein vergleichbares Problem anzugehen. Die Entscheidung der chinesischen Regierung, die massiven Finanzprobleme der Lokalverwaltungen zu adressieren, verdeutlicht die Ernsthaftigkeit der Lage in vielen Provinzen. Die chinesische Immobilienkrise, die etwa vor drei Jahren ihren Lauf nahm, hat die Haupteinnahmequelle der lokalen Regierungen praktisch versiegen lassen, da Immobilienkonzerne kaum noch neues Bauland erwerben. Zudem hat die Null-Covid-Politik die öffentlichen Haushalte zusätzlich belastet und das Wirtschaftswachstum geschwächt. Diese Faktoren – kombiniert mit schwacher Binnennachfrage, Überproduktion und sinkenden Steuereinnahmen – erschweren eine nachhaltige Lösung für die »versteckten« Schulden der Lokalregierungen, die in den kapitalistischen Finanzbuchhaltungen absichtlich, entwurzelt, verschleiert geführt werden. Es war zu erwarten, dass auch China, trotz seiner kommunistischen Führung, mit Problemen der kapitalistischen Produktionsweise konfrontiert wird. Die Unterstützung der Lokalregierungen durch gemeinschaftliche Verschuldung geht zwar in die richtige Richtung und schafft kurzfristig Spielraum für neue Investitionen, löst jedoch das Problem der Grundübel-Überproduktion nicht. Es bleibt abzuwarten, ob Chinas kommunistische Regierung tatsächlich eine langfristige Lösung finden kann – ein Vorhaben, das weltweit mit Argusaugen beobachtet werden dürfte.
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