Dresden ohne Zukunft
Von Elias KaiserDas Forum des Herbert-Wehner-Bildungswerks in Dresden war übervoll. Gut 150 Leute waren am Mittwoch gekommen, um sich die Anhörung des »Bündnisses gegen Kürzungen« anzusehen, bei der Vertreterinnen und Vertreter städtischer Einrichtungen berichteten, was deren Schließung bedeuten würde. Die »Liste der Grausamkeiten«, wie die bisher bekannten Bestandteile der Kürzungsliste von den Dresdner Neuesten Nachrichten genannt wurden, umfasst eine Erhöhung der Kitabeiträge von 242 auf 349 Euro monatlich, die Kürzung der Mittel für Bibliotheken um 300.000 Euro, die Schließung von zahlreichen Einrichtungen der Sozialarbeit und möglicherweise den Verkauf der Stadtreinigung. Im »Bündnis gegen Kürzungen« haben sich Gruppen und Initiativen zusammengetan, die diesen Kürzungshaushalt abwenden wollen.
Philipp Grimm vom Staatsschauspiel warnte im Bildungswerk davor, dass im Zuge der Streichungen Soziales und Kulturelles gegeneinander ausgespielt werden könnten. Man müsse Kürzungen bei beidem verhindern. Wieland Köhler sprach für die Schulsozialarbeit am Gymnasium Dresden-Bürgerwiese. Nach dem Willen der Stadtspitze soll die Schulsozialarbeit, die erst in den vergangenen Jahren etabliert worden ist, in 21 Schulen nun ganz oder teilweise gestrichen werden. Auch ein Lehrer und eine Schülerin betonten in eindringlichen Worten die Notwendigkeit der Schulsozialarbeit.
Jugendliche zeigten einen Film, der die Bedeutung des Vereins ZMO-Jugend verdeutlichte. Der Treffpunkt biete Jugendlichen verschiedener Nationalitäten einen Ort, an dem sie sich »ohne Angst vor Diskriminierung« treffen könnten. Ulla Klinger von der Kontakt- und Beratungsstelle »Gerda« warnte vor der Schließung von zwei der vier Standorte der Anlaufstelle für Gerontopsychiatrie, Demenz und Alzheimer. Seit zehn Jahren hat Klinger das Angebot für erkrankte Seniorinnen und Senioren und deren Angehörige mitentwickelt. Nun droht ausgerechnet den zwei Standorten in den von Armut stark betroffenen Vierteln Gorbitz und Prohlis das Aus.
Ein Aktivist von »Wir fahren zusammen« verlangte statt Kürzungen bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) verstärkte Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr, finanziert »durch eine konsequente Besteuerung der Reichen«. Heidi Hemmann und Paul List von der Straßensozialarbeit für Erwachsene (»Safe«) erklärten die wachsende Notwendigkeit ihrer Arbeit mit Suchtkranken und Obdachlosen. Die Zahl der Zwangsräumungen nehme seit Jahren zu. Nun soll »Safe Dresden« ersatzlos gestrichen werden. Man habe Angst, so Hemmann, mit den Klientinnen und Klienten darüber zu sprechen, dass »Safe« schon im Januar verschwunden sein könnte. Viele von ihnen würden den Verlust dieser Unterstützung nicht verkraften.
Thomas Mickan von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die sich auch im Bündnis gegen Kürzungen engagiert, warnte davor, auf geplante Schulneubauten zu verzichten. Dorit Hollasky, Sprecherin vom »Bündnis für Pflege« forderte eine Abkehr vom nun verkündeten Einstellungsstopp bei den Kitas und verlangte statt dessen kleinere Gruppen. Anne Pötzsch vom »Bündnis für Pflege« erntete Applaus, als sie herausstellte, worin das Problem besteht: nämlich im Kapitalismus. Während bei kommunalen Aufgaben der Daseinsvorsorge gestrichen werden soll, seien einige wenige Menschen in Deutschland sehr reich. Wolle man Kürzungen wie in Dresden verhindern, müsse man an diesen Reichtum ran, so Pötzsch. Am 21. November soll der Haushalt erstmals im Stadtrat diskutiert werden. Das »Bündnis gegen Kürzungen« wird dann auch da sein.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (10. November 2024 um 07:39 Uhr)Was hier zu den katastrophalen Folgen geschrieben steht, die die Kürzungen im Stadthaushalt Dresdens haben werden, ist nur ein lauer Vorgeschmack dessen, was in Kürze überall in der BRD wie eine Bombe einschlagen wird. Man kann in einer Zeit der Rezession nicht immer mehr Geld für Kriegsvorbereitung und Kriegsunterstützung aus dem Fenster werfen, Profite sichern helfen und gleichzeitig die gewohnten sozialen Standards beibehalten. Dass vermehrte Schulden dieses Problem lösen könnten, ist eine fromme Illusion, denn Schulden kann man nicht essen. Im Gegenteil: Schulden haben immer das Zeug dazu, einen über kurz oder lang selbst aufzufressen. Kriegsausgaben einzustampfen und Profite zu reduzieren: Das geht gar nicht, denn es rührt ans Allerheiligste der »sozialen« Marktwirtschaft. Also werden wohl wieder der berühmte kleine Mann, die kleine Frau und ihre kleinen Kinder die Zeche bezahlen müssen. Wie genau das sein wird: Der Artikel hat genügend konkrete und genügend grausame Beispiele dafür gezeigt.
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