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Aus: Ausgabe vom 09.11.2024, Seite 7 / Ausland
Gaza

Kriegsverbrecher mit US-Pass

Tausende kämpfen in Israels Armee. Gesetzentwurf will ihnen Veteranenschutz gewähren
Von Jakob Reimann
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Einer von ihnen dürfte statistisch gesehen US-Bürger sein: Soldaten der IDF patrouillieren in Hebron (2.11.2024)

Ein Soldat in Kampfmontur sitzt auf dem Boden, vor ihm sein stationäres Maschinengewehr. »Ich mache das hier anlässlich der Präsidentschaft von Donald Trump«, brüllt er sichtlich erregt in die Kamera. Er reckt die Hand in den Himmel und fängt an, auf ausgebombte Häuser am Horizont zu schießen. »Gott segne Amerika! Gott segne Israel!« Der Mann, der da stumpf auf die Ruinen Gazas feuert, ist US-Amerikaner, schreibt der palästinensische Journalist Walid Mahmud, der das Video auf X veröffentlicht hat. Er kämpft demnach für die israelischen Streitkräfte im 7020. Bataillon.

Mitte Oktober verkündete das US-Kriegsministerium, dass ein Raketenabwehrsystem THAAD nach Israel entsendet werde, samt etwa 100 Soldaten, die es betreiben sollen. Sind die USA ohnehin seit Jahrzehnten mit hoher Truppenpräsenz in verschiedenen Ländern in Westasien stationiert, wurden im vergangenen Jahr weitere Truppen sowie zusätzliche Kampfjets und Kriegsschiffe in die Region entsandt, auch um Israel im Krieg gegen die palästinensische und später die libanesische Zivilbevölkerung logistisch zu unterstützen. Doch eine direkte Stationierung US-amerikanischer Truppen in Israel für aktive Kampfhandlungen ist eher ungewöhnlich und zeigt die zunehmende Verstrickung der USA in diesen Krieg auf. Doch neben diesen bilateralen Militärhilfen und Truppenentsendungen kämpfen auch Tausende US-Staatsbürger direkt für die israelischen Streitkräfte (IDF).

Insgesamt dienen 23.380 Menschen mit US-amerikanischem Pass in den IDF, hieß es in der Washington Post Anfang des Jahres unter Berufung auf israelische Behörden. Insbesondere sind US-Amerikaner »in den religiösen, nationalistischen und zionistischen Gemeinschaften in Israel und dem Westjordanland weitverbreitet«, hieß es dort. »Viele amerikanische Juden, die nach Israel eingewandert sind, sind sehr idealistisch«, zitierte die Post die Geschichtsprofessorin Sara Yael Hirschhorn von der Universität Haifa, und sie seien daher im Militär »überproportional vertreten«. Ebenso bei den im Krieg in Gaza getöteten Soldaten. Obwohl US-Amerikaner nur etwa zwei Prozent der israelischen Bevölkerung stellen, machten sie knapp zehn Prozent der Kriegstoten aus, hieß es Ende Februar. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres seien Tausende US-Amerikaner und amerikanisch-israelische Doppelstaatler nach Israel gegangen, um sich »dem Kampf in Gaza anzuschließen«.

Im Mai legten zwei Abgeordnete der republikanischen Partei im US-Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf vor, der darauf abzielt, amerikanischen Staatsbürgern, die im israelischen Militär dienen, dieselben Vorteile und finanziellen Begünstigungen zu gewähren, wie sie US-Veteranen genießen. Dazu gehören unter anderem der Schutz vor Zwangsvollstreckung, niedrigere Kreditzinsen und Arbeitsplatzschutz, hieß es dazu bei Middle East Eye. »Diese Gesetzgebung wird sicherstellen, dass wir alles tun, um die Helden zu unterstützen, die an der Seite Israels stehen, für die Freiheit kämpfen und den Terrorismus im Nahen Osten bekämpfen«, behauptet Guy Reschenthaler, einer der Koautoren des sonderbaren Gesetzentwurfs. Während über 43.000 Menschen in Gaza getötet wurden und der Krieg gegenwärtig vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) unter der Völkermordkonvention verhandelt wird, wollen Abgeordnete der Republikaner US-Staatsbürgern finanzielle Anreize schaffen, sich aktiv am Krieg gegen die palästinensische Zivilbevölkerung zu beteiligen.

Wie es anders gehen kann, zeigt etwa Südafrika, das die Klage gegen Israel vor dem IGH eingereicht hat. Bereits im Dezember warnte die Regierung von Präsident Cyril Ramaphosa, dass Südafrikaner, die in Gaza Kriegsverbrechen begehen, dafür zur Rechenschaft gezogen würden. Im Frühjahr verkündete Außenministerin Naledi Pandor dann, dass sämtliche Südafrikaner, die in den israelischen Streitkräften kämpfen, bei ihrer Rückkehr strafrechtlich verfolgt würden, berichtete Times of Israel. »Wenn ihr nach Hause kommt, werdet ihr verhaftet«, kündigte sie auf einer Konferenz zur Solidarität mit den Palästinensern im März an.

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