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Aus: Ausgabe vom 09.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
US-Wirtschaft

Kontinuitäten in der Wirtschaftspolitik

US-Notenbank Federal Reserve senkt nach Wahlsieg von Donald Trump erwartungsgemäß die Zinsen
Von Lucas Zeise
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Völlig unspektakulär hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zwei Tage nach dem großen Wahlsieg Donald Trumps die Leitzinsen weiter gesenkt. Die Zinsspanne, zu der Tagesgeld unter Banken gehandelt wird, liegt jetzt zwischen 4,5 und 4,75 Prozent, ein viertel Prozentpunkt niedriger als zuvor. Die Entscheidung war weitgehend so erwartet worden. In der Septembersitzung hatten sie mit einer Senkung um einen halben Prozentpunkt die Ära hoher Zinsen und leicht restriktiver Geldpolitik beendet.

Im Wahlkampf zwischen Demokraten und Republikanern spielte die Geldpolitik nicht einmal eine Nebenrolle. Der jetzige Fed-Vorsitzende Jerome Powell war während Trumps erster Präsidentschaft von diesem ernannt worden. Das hinderte Trump nicht daran, ihn kräftig dafür zu kritisieren, die Zinsen während der Coronapandemie nicht schnell genug gesenkt zu haben, und ihm mit Entlassung zu drohen.

Abgesehen davon, dass ein US-Präsident den Notenbankchef nicht einfach entlassen kann, hat Trump während des jetzigen Wahlkampfes derartige Drohungen unterlassen. Powell kann ruhig das Ende seiner Amtszeit im Mai 2026 abwarten. Seine Vorgängerin Janet Yellen wurde von Joe Biden zur Finanzministerin gemacht. Es ist nicht bekannt, dass die beiden in der Geld- und Finanzpolitik jemals unterschiedlicher Auffassung gewesen seien.

Der Anstieg der Zinsen im Gefolge der steigenden Inflation wurde von Finanzministerin Yellen widerspruchslos hingenommen. Die Notenbank unter Powell war vollkommen einverstanden mit der Art und Weise, wie Yellen Anfang 2023 die kleine Bankenkrise bewältigte und die fallierenden Institute der großen Konkurrenz, vorwiegend J. P. Morgan, mit satter finanzieller Beteiligung des Staates überließ.

Powell machte selbstverständlich mit bei der Enteignung der Guthaben der russischen Zentralbank und bei allen Sanktionen, die die Regierung Biden in unverändertem Stil zur Vorgängerregierung Trump unternahm. Der radikal vorangetriebene Wirtschaftskrieg gegen Russland, Iran und eine Reihe anderer Staaten sowie der langsam in Fahrt kommende Wirtschaftskrieg gegen China und eine Vielzahl anderer, auch hochentwickelter Industriestaaten sind die wichtigste Ursache für die 2021 ziemlich abrupt einsetzende Inflation.

Sie lieferte Trump und seinen Republikanern das letztlich entscheidende Wahlkampfthema. Da konnte Bidens Regierung noch soviel Ausgabenprogramme beschließen und die US-Wirtschaft, anders als in Europa, damit einigermaßen in Schwung halten. Der reale Effekt blieb, dass die Masse der Bevölkerung am Ende seiner Regierungszeit real weniger Geld in der Tasche hatte. Es ist das »Verdienst« der Trump-Kampagne, darauf überhaupt hinzuweisen. Frau Harris’ halbherzige Ankündigung, die Preissetzungsmacht der Supermärkte einschränken zu wollen, wurde in der Öffentlichkeit als offensichtlich nicht machbar in der Luft zerrissen und in ihrer Wahlkampagne dann auch sang- und klanglos fallengelassen.

Dass die Wirtschaftsdaten (keine Rezession, wenig Pleiten, Arbeitslosenquote relativ niedrig, mittlerweile auch mäßige Inflation von »nur« 2,4 Prozent, prächtig steigende Aktienkurse) einen relativen Erfolg der Biden-Regierung signalisierten, kamen und kommen einem Großteil der Wähler in der unteren Hälfte der weiter auseinanderklaffenden Einkommensskala wie Hohn vor.

Die Finanz- und Geldpolitik bieten in dieser Gemengelage keine Kontroversen, denn die US-Notenbank fährt weiterhin auf Sicht: Ob es zu weiteren Zinssenkungen kommt, macht sie offiziell von der Entwicklung der Inflations- und Arbeitslosenrate abhängig. Der Finanzmarkt hat die ohnehin erwartete kleine Zinssenkung am Donnerstag gleichgültig hingenommen. Der Sieg Trumps bei der Präsidentenwahl dagegen wurde am Aktienmarkt stürmisch gefeiert, und der US-Dollar stieg. Das ist keine gute Nachricht für die erklärte Politik Trumps, die Einfuhren zu beschränken. Wahrscheinlich wird man sich auch an der Wall Street bald wehmütig an die schönen Biden-Jahre als die besten des »America first« erinnern.

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