Katar wirft hin
Von Knut MellenthinDas arabische Golfscheichtum Katar hat am Sonnabend Berichte bestätigt, dass es sich aus der Vermittlerrolle zwischen Israel und der Hamas über einen Gefangenenaustausch zurückgezogen habe. In einer Stellungnahme des Außenministeriums in Doha heißt es, Katar habe den Parteien vor zehn Tagen während der letzten Verhandlungsversuche mitgeteilt, dass es seine Bemühungen einstellen werde, falls in dieser Runde keine Einigung erreicht würde. Das sei jedoch keine endgültige Verabschiedung von dieser Rolle: »Katar wird seine Bemühungen wiederaufnehmen, wenn die Parteien ihre Bereitschaft und ihre Ernsthaftigkeit zeigen, den brutalen Krieg und das fortwährende Leiden der Zivilbevölkerung zu beenden, das von den katastrophalen Lebensbedingungen im Gazastreifen verursacht wird.«
Einige Stunden zuvor hatte die Onlinetageszeitung Times of Israel unter Berufung auf einen nicht namentlich genannten Diplomaten, der kein US-Amerikaner sei, den einstweiligen Rückzug Katars aus der Vermittlerrolle gemeldet. Derselbe Diplomat habe berichtet, dass Katar die Vertreter der Hamas angewiesen habe, ihr Büro in Doha zu schließen und das Land zu verlassen. Angeblich sei das Fürstentum damit einer Forderung der US-Regierung nachgekommen.
Dieser Darstellung habe das Außenministerium von Katar widersprochen, berichtete die Times of Israel am späten Sonnabend. Medienberichte zum Thema und insbesondere zur Schließung des Hamas-Büros seien »ungenau«, habe das Ministerium erklärt, ohne diese Aussage inhaltlich zu erläutern und eine Gegendarstellung des tatsächlichen Sachverhalts zu geben.
Katar beherbergt mit der Luftwaffenbasis Al-Udeid den größten Militärstützpunkt der USA in der Region. Unbestätigten Berichten zufolge wurden in der vergangenen Woche sechs schwere Langstreckenbomber des Typs B-52 dorthin verlegt, um die Drohkulisse gegen Iran zu verstärken. Andererseits unterhält die Hamas mit dem bisherigen Einverständnis der wechselnden US-Regierungen und sogar auf deren Wunsch seit 2012 ein Büro in Doha. Maßgebliche Hamas-Politiker leben dort im Exil. Einer von ihnen ist Chalid Maschal, der von 1996 bis 2017 Vorsitzender des Politbüros der Hamas war. Die USA und auch Israel haben diesen Gesprächskanal immer wieder benutzt.
Im April war schon einmal gemeldet worden, dass Katar die Hamas-Vertreter ohne öffentliches Aufsehen, aber eindeutig genug zum Verlassen des Landes aufgefordert habe. Zuvor hatte der Premierminister des Fürstentums am 17. April angekündigt, dass Katar eine Überprüfung seiner Vermittlerrolle begonnen habe. Berichten israelischer Medien zufolge hätten die aus Doha vertriebenen palästinensischen Politiker damals mehrere Wochen lang Aufnahme in der Türkei gefunden und seien von Präsident Recep Tayyip Erdoğan freundlich empfangen worden. Zwei Wochen später habe sich Ägypten mit einem eigenen Vorschlag in die Verhandlungen über einen Geiselgefangenenaustausch eingeschaltet. Diese seien aber so ins Stocken geraten, dass Katar den Hamas-Politikern mitgeteilt habe, sie dürften nach Doha zurückkehren.
Eine zentrale Ursache der wechselhaften Haltung Katars ist die Tatsache, dass das Fürstentum wegen seiner Beziehungen zur Hamas Unterstellungen und Anfeindungen der US-amerikanischen Republikaner und verschiedener Kräfte in Israel ausgesetzt ist. Seit im August der amerikanisch-israelische Staatsbürger Hersh Goldberg-Polin zusammen mit fünf anderen Geiseln während einer angeblichen israelischen Befreiungsaktion offensichtlich von seinen Bewachern in Gaza erschossen wurde, scheint die US-Regierung die bisherige Vermittlerrolle Katars für überflüssig zu halten. Anfang September erhob das Justizministerium in Washington Anklage gegen Maschal und fünf andere Hamas-Führer, von denen drei bereits tot waren. Inzwischen wurde auch der Hamas-Chef im Gazastreifen, Jahja Sinwar, von israelischen Soldaten getötet. Im Verlauf dieses Strafverfahrens könnte Katar mit der Forderung konfrontiert werden, Maschal auszuliefern.
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