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Aus: Ausgabe vom 11.11.2024, Seite 8 / Inland
Hamburg vor der Bürgerschaftswahl

»Die Stadt gehört Menschen, nicht Investoren«

Hamburg: Wählervereinigung »Die Wahl« setzt auf soziale Frage und Frieden. Distanz zu Linke und BSW. Gespräch mit Martin Dolzer
Interview: Kristian Stemmler
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Anfang November hat sich in Hamburg die Wählervereinigung »Die Wahl für Frieden und soziale Gerechtigkeit« gegründet, die zur Bürgerschaftswahl am 2. März antritt. Wer hat die Gründung initiiert?

Unsere Wählervereinigung ist aus außerparlamentarischen Gruppen und Initiativen entstanden, die sich für Frieden, soziale Gleichheit und eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Darunter Aktive aus der Friedensbewegung, ehemalige Mitglieder und Abgeordnete der Linkspartei, Aktive aus migrantischen Organisationen, Gewerkschafter, Musiker sowie Menschen, die sich gegen repressive und kapitalorientierte Coronamaßnahmen oder auch für bessere Bedingungen in Kitas und Schulen eingesetzt haben.

Welche politischen Ziele verfolgt die neue Wählervereinigung?

Wir wollen gemeinsam mit den Menschen und Bewegungen eine Stadt jenseits von Konzerninteressen und Machtpolitik gestalten. Jeder Mensch, egal welcher sozialer und geographischer Herkunft, hat bei uns Platz, wenn er sich in dem genannten Sinn und klar gegen menschenfeindliche Politik und Ausgrenzung positioniert.

Die Friedensfrage ist für »Die Wahl« zentrales Thema. Wie sind Ihre Positionen dazu und wo sind die Unterschiede etwa zur Linkspartei?

Der Wal ist unser Wappentier. Er steht für Sensibilität, Würde und gegenseitigen Schutz. Wir fordern den sofortigen Stopp der Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen, die Konversion der Rüstungsbetriebe in den zivilen Bereich und die Überwindung neokolonialistischer Politik. Anders als oft behauptet, liegt hier die Verantwortung, Impulse in Richtung Frieden zu geben, auch auf Landesebene.

Die Kriege in der Ukraine, in Palästina und weltweit müssen beendet werden. Anstatt Waffen zu liefern, sollte auf Waffenstillstände und Verhandlungen hingewirkt werden. Dazu müssen Feindbilder, insbesondere gegen Russland und China, überwunden werden. Der Völkermord an den Palästinensern, den die rechte israelische Regierung zu verantworten hat, muss aufhören. Auch die israelische Bevölkerung hat in Massen für Waffenstillstand demonstriert. Die Haltung der Bundesregierung ist absolut inakzeptabel. Die Partei Die Linke hat sich leider schon lange von einer konsequenten Friedenspolitik und oppositionellen Positionen im Sinne der Mehrheitsbevölkerung verabschiedet.

Soziale Gerechtigkeit und solidarische Gesellschaft sind ein weiteres großes Thema. Was bieten Sie den Wahlberechtigten dahingehend an?

Wir wollen die Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand zurückholen. Das betrifft Krankenhäuser, Wohnungsbau, Hochschulen und Energieversorgung. Der Ausverkauf des Hafens an private Investoren muss gestoppt werden. Die Stadt gehört den Menschen, nicht den Investoren. Obdachlosigkeit wäre leicht zu überwinden, zum Beispiel durch die Umwidmung von leerstehenden Büroräumen und sozialem Wohnungsbau. Alle Stadtteile brauchen die gleiche Anbindung an Gesundheitsversorgung, kostenlosen Nahverkehr und gute Infrastruktur.

Vom BSW distanzieren Sie sich. Was kritisieren Sie?

Die weltweite Wirtschaftskrise, die steigende soziale Ungleichheit und der zunehmende Kaufkraftverlust, die vollkommen selbstzerstörerischen Sanktionen gegen Russland, die Militarisierung und weltweite Kriege verschärfen die Spaltung der Gesellschaft. Da sind wir uns mit dem BSW einig. Die Probleme auf dem Rücken der Migranten zu diskutieren, lehnen wir ab. Die haben die Krise nicht zu verantworten.

Unklar ist noch, ob das BSW zur Bürgerschaftswahl antritt.

Nach alldem, was Sahra Wagenknecht oder auch die für Hamburg Verantwortliche Żaklin Nastić bisher gesagt haben, müssen wir davon ausgehen, dass das BSW zur Bürgerschaftswahl eher nicht antritt.

Wo rechnen Sie sich angesichts der Konkurrenz im linken Lager Chancen aus?

Wir haben geplant, am 24. November eine Landesliste und Wahlkreislisten aufzustellen. Unser Ziel ist, mehr als fünf Prozent auf Landesebene zu erreichen und in einigen Wahlkreisen Direktmandate zu erhalten. Das ist ambitioniert, aber möglich. Es wäre ein gutes Signal für den Frieden. Der Wal wird uns helfen.

Martin Dolzer ist Mitgründer und Vorsitzender der Wählervereinigung »Die Wahl für Frieden und soziale Gerechtigkeit« in Hamburg

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