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Aus: Ausgabe vom 11.11.2024, Seite 11 / Feuilleton
Rauschzeit

Nichts knallt wie der Jesuspilz

Der große Dope-Gesang: Die posthum erschienenen Notizen von Bernd Witthüser
Von Holger Sudau
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Trips und Träume: Bernd Witthüser, immer bereit (Essen 2010)

Es war kurz vor Hendrix’ Hinübergleiten in den Klub der 27er, als er ein Konzert auf Fehmarn geben sollte. Das auf der Insel stattfindende, angeblich spektakulärste Festival Deutschlands endete im Chaos. Es regnete, Hendrix kam spät und war lustlos, die Veranstalter flohen später mit der Kasse, und die Fans begannen unzufrieden, betrunken und bekifft die Bühne abzufackeln. Doch zuvor gab das Essener Duo Witthüser & Westrupp ein phänomenales Konzert, das zunächst die Gemüter beruhigte und die Zuschauer noch stärker zum Dope greifen ließ.

Nun ist eine Art Tagebuch des gelernten Elektrikers Bernd Witthüser erschienen, in dem er über die Konzerte, Reisen und Rauchpausen berichtet, manchmal in wilder Hatz. Da geht es um »Trips und Träume« und um den Jesuspilz, der eindringlich im gleichnamigen Album beschrieben wird. Die Jahre von 1969 bis zur Trennung 1973 waren für Witthüser & Westrupp sehr intensiv, voller Hippiewirrnis und freiem Leben. Sie brachten eine Mischung aus »Dope-Gesang«, schrägen Folkmelodien und Liederverwursterei, wie Witthüser die Songs, Lieder und Gedichte mit Musik gerne bezeichnete.

Musikmagazine mit Hang zum rockmusikalischen Altertum stecken die Witthüser-&-Westrupp-Alben oft in die krautige Ecke, aber richtiger Krautrock war es wohl nicht, wie man aus einem Interview erfährt. Über diese ereignisreiche Zeit schrieb Witthüser im Jahre 2013, als er mit seinem grünen Chevy durch Europa fuhr, an jeder geeigneten Ecke zur Klampfe griff und sich den Hut vollspielte.

Beim Durchsehen der Notizen erkannte der Autor Michael Fuchs-Gamböck zwar kein klares poetisches Konzept, aber die Wichtigkeit dieser Notizen. Er begann, sie zu überarbeiten und in Form zu bringen. Die Schilderungen von Witthüser sind sozusagen aus erster Hand und erinnern an eine verrückte Zeit, in der er sich von täglichen Zwängen befreite, musizierend durch Europa fuhr und einige Festivals mit Liedern über Motten, Vampire und Geister aufwertete. Das Buch beschließt ein Interview mit dem ehemaligen Duopartner Walter Westrupp, dazu eine Erinnerung an ein langes Gespräch, das jW-Autor Thomas Behlert einst mit Witthüser führte.

Witthüser starb am 4. August 2017, wohl mit einer Haschischzigarette in der Hand. Das Buch ist ein guter Anlass, um mal wieder seine Platten aufzulegen, die Augen zu verdrehen und sich ins Glück zu stürzen.

Bernd Witthüser: Hat Hendrix gespielt? Plus ein Gespräch mit Walter Westrupp. Hg. v. Michael Fuchs-Gamböck. Verlag Andreas Reiffer, ­Meine 2024, 104 Seiten, 10,50 Euro

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