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Aus: Ausgabe vom 12.11.2024, Seite 4 / Inland
Parlamentarismus

Union verweigert Deal

CDU lehnt Angebot des Kanzlers ab, im Tausch für vorgezogene Neuwahl mit SPD-Fraktion Gesetzesvorhaben durch den Bundestag zu bringen
Von Kristian Stemmler
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Noch im Sessel: Bundeskanzler Olaf Scholz neben seinem Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (r., beide SPD) in Berlin (11.11.2024)

Das Tauziehen zwischen Regierung und Opposition um einen Termin für Neuwahlen geht in die nächste Runde. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat am Montag in Berlin vor Journalisten ausgeschlossen, dass der Bundeskanzler dessen Regierungserklärung am bevorstehenden Mittwoch nutzen wird, um im Bundestag die sogenannte Vertrauensfrage zu stellen. Die Union um CDU-Chef Friedrich Merz hatte dies bis zuletzt von Olaf Scholz (SPD) verlangt.

Hebestreit fügte hinzu, dass der Kanzler notfalls im Alleingang über den Termin entscheiden werde – sofern er mit CDU und CSU nicht zu einer Einigung kommt. Das Gezeter aus den Reihen der Opposition, Scholz solle so schnell wie möglich Neuwahlen ermöglichen, nahm dieser am Sonntag abend zu Anlass, um in der ARD-Sendung »Caren Miosga« gelassen zu erklären, er könne das auch schon vor Weihnachten tun. Das sei für ihn »überhaupt kein Problem«.

Sein Preis: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz müssten sich auf einen Termin für die Vertrauensfrage und einen Zeitplan einigen. Ohne den Koalitionspartner FDP an der Seite brauchen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Union, um liegengebliebene Gesetzesvorhaben durch den Bundestag zu bekommen.

Den Vorschlag des Kanzlers wies die CDU am Montag brüsk zurück. Scholz solle »keine weiteren Nebelkerzen werfen, sondern zügig die Vertrauensfrage stellen«, forderte Thorsten Frei, Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, gegenüber Bild. Zwischen den Fraktionen von SPD und Union seien dazu »keine weiteren Absprachen notwendig«. Die Vorhaben, die die SPD noch in den restlichen Sitzungswochen beschließen wollen – etwa das Rentenpaket, die Senkung der Netzentgelte auf den Stromrechnungen der Unternehmen oder der Nachtragshaushalt für 2024 – werde seine Fraktion nicht mittragen, erklärte Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg im Deutschlandfunk am Montag. Das alles sei »Sache der neuen Regierung«. Die Union sei bereit, »Dinge umzusetzen, die zwingend umgesetzt werden müssen«. Als Beispiel nannte der CDU-Mann aber nur das Gesetz zur »Stärkung« des Bundesverfassungsgerichts.

Unterdessen spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Vertretern von Regierung und Parteien. Am Montag tauschte er sich mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) aus, am vergangenen Freitag war SPD-Chef Lars Klingbeil bei ihm. An diesem Dienstag soll es ein Gespräch zwischen Steinmeier und Mützenich geben, am Donnerstag eines mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

An logistischen Herausforderungen, kurzfristig einen neuen Bundestag wählen zu lassen, stören sich weder die Union noch die FDP. So sagte deren Generalsekretär, Bijan Djir-Sarai, am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«, er halte einen Wahltermin Anfang Januar für realisierbar. Dies sei nicht nur eine »Frage der Organisation, sondern in erster Linie eine politische Frage«, wich er der Nachfrage zu etwaigen Problemen bei der Erstellung von Wahlunterlagen aus. Zuvor hatte Bundeswahlleiterin Ruth Brand in einem Brief an das Kanzleramt bereits auf organisatorische Probleme bei einem sehr frühen Wahltermin hingewiesen, etwa bei der Einhaltung von Fristen, der Beschaffung von Papier oder dem Drucken der Wahlzettel.

Schützenhilfe bekam sie vom Geschäftsführer der größten Stimmzetteldruckerei, Bastian Beeck von der Köllen Druck und Verlag in Bonn. Einen Termin im Januar halte er für riskant, zwei bis drei Wochen mehr solle man sich »in jedem Fall Zeit nehmen«, sagte er dem Stern. Papier sei reserviert, aber durch die kurzen Fristen würde die Fehleranfälligkeit der Wahl erheblich steigen. Bis Weihnachten passiere ohnehin nichts mehr. »Es gibt keine Anlieferung zwischen Weihnachten und Neujahr«, sagte Beeck. Die Speditionen würden in diesen Tagen nicht zur Verfügung stehen. Der Bundesverband Druck und Medien sieht keine Probleme: Die Branche sei »kurzfristig enorm leistungsfähig«, betonte die Hauptgeschäftsführerin des Interessenverbandes, Kirsten Hommelhoff, am Montag.

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  • Leserbrief von Werner Dörr aus Polch (12. November 2024 um 18:48 Uhr)
    Das war doch jetzt ein unnötiger Theaterdonner/Sturm im Wasserglas. Man setzt sich zusammen, liest mal den Gesetzestext, schlägt nen Kalender auf und zählt die Fristen ab. Wo war da nochmal das Problem? – Ach ja, Kanzler in Spe Merz hat nicht ins Gesetz geschaut, sondern erstmal losgeplärrt (»ambitionierte Terminwahl« nennt er das jetzt) und seine Adlaten und »Ministeramtserwarter/innen« haben noch ein bisschen draufgehauen. Dumm gelaufen. Und ich nenne es auch weiterhin dumm, inkl. auch der Kritik an der Bundeswahlleiterin. Dennoch werden die Iden des März den Merz noch nicht als Kanzler sehen, aber er braucht sich nun nicht vor ihnen zu hüten, weil der 15. März 2025 kein Wahlsonntag sein wird. War das vielleicht der wahre Hintergrund für seinen anderslautenden Terminvorschlag? Werner Dörr, Polch

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