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Aus: Ausgabe vom 12.11.2024, Seite 5 / Inland
Deutschlandticket

Kurs auf Prellbock

Deutschlandticket droht mit Ampelbruch schnelles Ende. Wenn es bleibt, kann es noch kostspieliger werden
Von Ralf Wurzbacher
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Teuer, teurer, Deutschlandticket: Straßenbahnen in einem Depot in Köln

Noch einmal teurer oder gleich ganz weg? Das Deutschlandticket droht zu einem der ersten Opfer des vorzeitigen Abschieds der Ampel zu werden. Seitens CDU/CSU werden gezielt Zweifel an der Fortführung eines über das Jahresende hinaus gültigen bundesweiten Nah- und Regionalverkehrstarifs gestreut. Eine Bestandsgarantie für 2025 erforderte neben einer haushälterischen Absicherung einen Bundestagsbeschluss über ein Gesetz, das die Verteilung der Mittel zwischen Bund und Ländern regelt. Beide Bedingungen wackeln mit Blick auf die Streitereien um den Zeitpunkt von Neuwahlen und die Wahrscheinlichkeit einer künftig unionsgeführten Bundesregierung bedenklich.

Der Fahrplan von Olaf Scholz (SPD), noch vor seinem Ausscheiden als Kanzler von ihm als unaufschiebbar klassifizierte Projekte durchs Parlament zu bringen, erscheint angesichts des Widerstands der Opposition kaum mehr haltbar. Im Besonderen gilt das für das D-Ticket, das die Unionsparteien von Beginn an eher widerwillig unterstützt haben. Eine Zustimmung könne er sich »nicht vorstellen«, sagte ihr Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei am Montag im Podcast des Magazins Politico. Es sei nicht »davon auszugehen, dass wir wie so ein Einwechselspieler für die FDP jetzt rot-grüne Vorlagen einfach mittragen«. Für seine Fraktion liege der Schwerpunkt eher auf Investitionen in die Infrastruktur. Der Münchner Merkur hält das Angebot deshalb für »akut gefährdet«, mithin könnte schon zum Jahresende damit Schluss sein.

Das liegt vor allem an dem in der Schwebe befindlichen zehnten Änderungsgesetz zum Regionalisierungsgesetz über die Verwendung nicht eingesetzter Mittel aus dem Jahr 2023. Eigentlich sollten die Gelder wenigstens die Anschlussfinanzierung fürs kommende Jahr sichern, wenngleich gekoppelt an einen höheren Ausgabepreis. Im September hatte sich die Verkehrsministerkonferenz auf einen Tarif von 58 Euro pro Monat nach bisher 49 Euro geeinigt. Auf dieser Basis dürfte der Zuspruch der Verbraucher merklich zurückgehen und das »Erfolgsmodell« erheblich Schaden nehmen. Schon von diesem Beschluss fürchteten Kritiker, dass er das Ende des Angebots einleiten könnte, zumal die finanzielle Ausstattung für die Folgejahre ohnehin in den Sternen stand. Die Länder fordern auf längere Sicht deutlich größere Anstrengungen des Bundes. Mit einer möglichen Regierung unter Friedrich Merz (CDU) wird das kaum zu machen sein. Absehbar ist vielmehr, dass Deutschland klimapolitisch eine Rolle rückwärts hinlegt.

Glaubhafte Treuebekenntnisse zum D-Ticket sind derweil nur aus Reihen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu vernehmen. Zu Wochenanfang appellierten die Verkehrsminister dreier Bundesländer an die Verantwortlichen im Bund, die ausstehenden Entscheidungen nicht bis nach einer Neuwahl zu verschleppen. »Es wäre fatal, wenn zur Rettung des Tickets der Preis nochmals erhöht werden müsste, nur weil im allgemeinen Streit anhängige Gesetze nicht mehr umgesetzt würden«, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der dpa. »Ich warne davor, dass das D-Ticket dieser unsicheren Übergangszeit im Bund zum Opfer fällt«, sekundierte sein niedersächsischer Amtskollege Olaf Lies (SPD). Aus dem NRW-Ministerium unter Leitung von Oliver Krischer (Grüne) hieß es, »im Zweifelsfall müsste eine neue Bundesregierung ein Gesetz mit gleicher Zielsetzung einbringen«.

Dieselbe Stoßrichtung hat ein Strategiepapier von Grünen-Verkehrspolitikern, aus dem am Montag der Merkur zitierte. Diskussionen über Finanzierung und Fortbestehen des Angebots müssten »aufhören«, statt dessen müsse es »weiter ausgestaltet und dauerhaft finanziert werden«, heißt es darin. Um einen »Rückfall in die Vergangenheit« sorgt sich Carl Waßmuth, Sprecher beim Bündnis »Bahn für alle«. Gegenüber jW äußerte er am Montag: »Mit ihrer Blockade beim Deutschlandticket zeigt die Union schon im Wahlkampf, wo es hingeht mit ihr: gegen eine vernünftige Verkehrspolitik und gegen das Klima.«

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