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Aus: Ausgabe vom 12.11.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Ökologie

Klimapolitik vs. Artenschutz

Aus für nachhaltiges Pumpspeichersystem im Norden Australiens sichert Lebensraum des Schnabeltiers
Von Thomas Berger, Sydney
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Eine einzige Provokation gegen Linné: Das Schnalbeltier

Mit dem Schnabel einer Ente, dem Schwanz eines Bibers und Füßen, die an die eines Otters erinnern, ist das Schnabeltier eine Rarität. Obgleich Fleischfresser, hat es keine Zähne zum Zerkleinern seiner Nahrung, es ernährt sich vor allem von Insekten und Würmern, die es am Boden von Gewässern aufspürt und zunächst in den Backentaschen lagert. Nach seinen bis zu zweiminütigen Tauchgängen zermahlt es die Nahrung mit kleinen Kieselsteinen im Mund, die ebenfalls unter Wasser aufgenommen werden. Der archaische Zeitgenosse, ein Überbleibsel aus grauer Vorzeit, ist mit einigen speziellen Hilfsmitteln ausgerüstet. Männliche Exemplare, bis zu 2,4 Kilogramm schwerer und um ein Drittel größer als die Weibchen, haben an ihren Hinterbeinen einen scharfen Dorn, durch den sie eine giftige Substanz absondern können – das Schnabeltier ist das einzige Säugetier mit dieser Fähigkeit. Und jedes verfügt zur Jagd an diversen Nervenenden im Schnabel über Elektrorezeptoren, die die Bewegung potentieller Beute wahrnehmen. Nicht zuletzt sind sie neben ihrem nächsten Verwandten, dem Echidna (Schnabeligel), die einzige eierlegende Säugerart und verfügen wie dieser über nur eine Körperöffnung für Ausscheidungen und zur Fortpflanzung (Kloake).

Stauseen nicht geeignet

Kurzum, das Schnabeltier ist ein kleines Wunderwerk der Natur, an dem die typischen Einteilungen der Zoologie versagen. Eine zugegeben recht menschliche Sicht auf die Tierwelt, ihm selbst wird es gleich sein, doch in seiner Heimat Australien ist sein Abbild sogar in die 20-Cent-Münze geprägt, und neben Känguru, Emu und Koala gehört das Schnabeltier zu den ikonischen Tieren in Down Under. Unmittelbar vom Aussterben bedroht ist es dabei nicht, bei der International Union for Conservation of Nature (IUCN) aber findet es sich bloß knapp oberhalb der Roten Liste.

Im Eungella-Nationalpark, durch den der Broken River verläuft, kommt es häufig vor. »Rettet das Schnabeltier« steht auf T-Shirts der Gruppe »Save Eungella«. Zuletzt hat sich die Lage für die Aktivisten etwas entspannt. Mit der Wahl im nordöstlichen Bundesstaat Queensland am 26. Oktober scheint ein viel kritisiertes Projekt zur Nutzung »grüner« Energie vom Tisch. Eine Woche nach dem Wahlsieg reiste der designierte konservative Premier David Crisafulli in die rund 100 Kilometer von Eungella entfernte Küstenstadt Mackay, um das Aus für das Pumpenwasserkraftprojekt »Pioneer-Burdekin« zu verkünden. Das Projekt, betonen die Umweltschützer, habe insbesondere den Lebensraum des Schnabeltiers bedroht. Auf der Website von »Save Eungella« wird auf einschlägige Studien von ähnlichen Projekten in New South Wales und Tasmanien verwiesen.

Vom Tisch ist damit das vorgeblich weltgrößte grüne Energieprojekt seiner Art, das die sozialdemokratische Vorgängerregierung ab 2022 forciert hatte. Abgesehen von 57 getätigten Landkäufen, die laut Crisafulli rückabgewickelt werden können, befand sich das Vorhaben ohnehin in einem frühen Stadium. Durchaus denkbar, dass ökologische Gründe eine Rolle bei der Verweigerung der Genehmigung durch die Behörden gespielt haben, denn betroffen vom Eingriff in die Biosysteme wären auch andere Spezies gewesen. Allerdings markiert die Entscheidung auch das Ende für das sogenannte Herzstück in dem 62 Milliarden australische Dollar (etwa 40 Milliarden Euro) schweren Gesamtpaket, mit dem die Chefin der früheren Labor-Regionalregierung Annastacia Palaszczuk die Energiewende vorantreiben wollte.

Die in der breiten Öffentlichkeit bislang weniger bekannte Technologie beruht auf einem einfachen Grundprinzip: Zwischen Staubecken unterschiedlicher Höhenniveaus wird Wasser durch eine Pumpe mittels temporär überschüssiger Energie aus Solaranlagen oder Windrädern nach oben getrieben, um bei erhöhtem Strombedarf von dort wieder abgelassen zu werden, was den Zweck hat, eine Turbine anzutreiben. Das scheint gerade in Ländern wie Australien eine für den Energiewandel ernsthafte Option, eine Technik, phasenweise nötige Mehrenergie zwischenzuspeichern. Der große Vorteil des Verfahrens liegt darin, dass es ohne aufwendige technische Konstruktionen auskommt. Sein Nachteil ist ein großflächiger Eingriff in die Natur. Zwar will auch die neue Regionalregierung der Liberal National Party (LNP) an einem zweiten geplanten Vorhaben dieser Art grundsätzlich festhalten. Das nun abgehakte, besonders stark kritisierte »Pioneer-Burdekin«-Projekt wäre bei seiner Umsetzung das größte seiner Art weltweit geworden. Vorgesehen waren in diesem Fall gleich drei gigantische Stauseen, die weite Landstriche unter Wasser gesetzt hätten. Das an seine traditionellen Lebensräume angepasste Schnabeltier würde in diesen neuartigen Gewässern eher nicht gut zurechtkommen.

Naturschutz unberücksichtigt

Ob die Regionalpolitik unter Crisafulli Energiewende und Klimaschutz ähnlich ehrgeizig betreiben wird wie ihre Vorgänger, darf nun bezweifelt werden. Die bisherige Labor-Administration, die in mehreren direkt betroffenen Wahlkreisen auch dafür abgewählt wurde, muss sich jedoch die Frage gefallen lassen, ob ihr von oben durchgedrücktes gigantisches Vorhaben nicht bessere Vorbereitung und deutlich mehr Sensibilität in der Öffentlichkeitsarbeit gebraucht hätte. Neben den ungenügend berücksichtigten Aspekten des Naturschutzes wurde ebenso beklagt, dass Landeigentümer nur widerwillig ihre Farmen verkauft hätten und selbst Aborigines-Gemeinschaften als traditionelle Eigentümer nicht eindeutig zu ihrer Zustimmung befragt worden seien.

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