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Aus: Ausgabe vom 13.11.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
»Union Busting«-Konferenz

Zäh und ungenießbar sein

Wie sich Unterlassungsklagen vermeiden lassen. Und was zu tun ist, wenn eine ins Haus flattert
Von Bernhard Krebs, Köln
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Post aus dem Justizapparat kann und soll sich oft wie eine Ohrfeige anfühlen

Klagen, die neuerdings den Beinamen »SLAPP« (Strategic Lawsuits against Public Participation) tragen, sind laut dem Kölner Rechtsanwalt Eberhard Reinecke keine neue Entwicklung. Bereits in den 1990er Jahren habe beispielsweise Scientology Kritiker mit Klagen überzogen, bei denen auch über die Prozesskosten enormer Druck erzeugt werden sollte, wie es in seinem Vortrag am Sonnabend in der »Alten Feuerwache« der Domstadt hieß. Denn anders als in vielen anderen Ländern trägt in Deutschland der im Prozess Unterlegene alle Kosten — auch die der Gegenseite.

Für Kritiker, Gewerkschafter und Betriebsräte, die sich kritisch über Unternehmen äußern oder gar Missstände öffentlich anprangern, birgt das ein enormes finanzielles Risiko. Darum gelte es, vor allem Fehler zu vermeiden. »Bei Zitaten ist die Rechtsprechung besonders streng«, weiß Reinecke, der seit 1974 in Köln als Anwalt praktiziert. »Falschzitate oder die Zuordnung von Zitaten zu falschen Personen führt regelmäßig zu einem Verbot.«

Wichtig sei es auch, den Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu kennen – und ihn zu beherzigen. »Die Tatsachen, die da sind, kann man bewerten, wie man will. Aber die Tatsachen müssen stimmen«, mahnte Reinecke. Eine gängige Masche von Abmahnanwälten sei es, Meinungsäußerungen als Tatsachenäußerungen darzustellen. So sei es beispielsweise problematisch, einem Unternehmen vorzuwerfen, es zahle einen Hungerlohn, wenn es doch den Mindestlohn zahle.

Geschickter sei daher eine Meinungsäußerung: »In der Firma wird der Mindestlohn gezahlt, dies ist aber, wie eigentlich jeder weiß, ein Hungerlohn, von dem man selbst nicht leben, geschweige denn eine Familie ernähren kann.« Den Mindestlohn auf der Meinungsebene mit einem Hungerlohn gleichzusetzen, sei nicht angreifbar, so Reinecke. Da die Meinungsfreiheit weit gefasst sei, könne sie auch »scharfe, verletzende Äußerungen« beinhalten. Gerade in betrieblichen und ehrenamtlichen Zusammenhängen, wo nicht selten neben der Arbeit her und unter Zeitdruck publiziert werde, führe Zeitmangel aber oft zu Flüchtigkeitsfehlern. Sorgfältige Recherche sei darum das A und O.

Doch was tun, wenn dann doch eine Abmahnung ins Haus geflattert kommt? »Ernst nehmen und ruhig bleiben«, rät Reinecke. Bei einem Streitwert von nicht selten 10.000 Euro pro angegriffener Äußerung in einer Veröffentlichung — nach dem Streitwert berechnen sich die Kosten in Prozessen — klingt das erst mal leichter gesagt als getan. Auch Fristen von nicht selten nur 24 oder 48 Stunden, binnen denen die Veröffentlichung geändert werden solle, erhöhten den Druck zusätzlich, seien aber »regelmäßig nicht angemessen«.

Gerade im Hinblick auf eine anwaltliche Beratung, zu der Reinecke im Fall einer Unterlassungserklärung dringend rät, könne eine Frist von einer Woche geltend gemacht werden, die dem Gegneranwalt mitgeteilt werden solle. Ansonsten gelte es, die in der Abmahnung genannten Passagen gewissenhaft zu überprüfen. »Alles weitere hängt dann davon ab, zu welchem Ergebnis die Überprüfung kommt«, so Reinecke. Grundsätzlich sollten Betroffene von Abmahnungen nicht einfach einknicken. Besser sei es, zäh und ungenießbar zu sein und der Gegenseite die Lust an der Auseinandersetzung zu nehmen.

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