Rechter Aufmarsch in Warschau
Von Reinhard LauterbachAm diesjährigen »Unabhängigkeitsmarsch« in Warschau haben am Montag nach Angaben der Veranstalter über 100.000 Rechte, Nationalisten und Faschisten teilgenommen. Dass die Beteiligung größer war als in den vergangenen Jahren, räumte auch der liberale Fernsehsender TVN 24 ein. Die Stadtverwaltung sprach von etwa 90.000 Teilnehmenden. Unter ihnen waren zahlreiche Politiker der bis Oktober 2023 regierenden Partei PiS sowie der rechten »Konföderation«. In Statements erklärten sie, der 11. November sei ein Fest des Stolzes darauf, Pole zu sein.
Der PiS-Vorsitzende und ehemalige Ministerpräsident Jarosław Kaczyński begründete im Vorfeld seine Teilnahme an dem Marsch bei einer Pressekonferenz: »Wir wollen, dass das patriotische Lager geeint ist, wir wollen, dass das patriotische Lager bei diesem Marsch und bei anderen politischen Unternehmungen zusammengeht«. Die polnische Nation dürfe keinen »linken Experimenten« unterworfen werden.
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben vom frühen Abend mindestens 75 Personen fest, die Drogen, Messer, Teleskopstöcke und Schlagringe mit sich führten. Zu Übergriffen auf gegnerische Demonstranten kam es nicht, weil diese ihre Transparente nur aus der sicheren Höhe der oberen Stockwerke von an die Marschroute angrenzenden Häusern aus zeigten. Von unbekannter Seite war auf der Marschroute ein zur Vergrämung von Wildschweinen genutztes Präparat auf Buttersäurebasis ausgegossen worden. Wie üblich, verlief der Marsch im rötlichen Licht bengalischer Feuer und unter den Rauchschwaden der abgefeuerten Pyrotechnik. Gezeigt wurden Banner zum Ruhm des »Großen Polens«, Schmähungen von LGBT-Personen und Bilder von Papst Johannes Paul II. Nach Interventionen der Warschauer Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Marsches hielten sich die Teilnehmer in diesem Jahr zwar mit ihren Hassreden zumindest relativ zurück. Laut der Agentur Reuters skandierten Teilnehmer des Marsches allerdings Parolen wie »Weißes Europa der brüderlichen Nationen« oder »Stoppt die Europäische Union« und trugen Transparente mit der Aufschrift »Stoppt die Massenmigration« oder »Stoppt die Verwandlung Polens in die Ukraine«.
Die Ordnertruppe des Marsches selbst war offenbar angewiesen, unkontrollierte Gewalttaten wie das Abfeuern von Signalraketen in Wohnungen am Rande der Demonstrationsroute zu verhindern. Am Sonnabend hatten Nutzer eines aus Anlass eines Ligaspiels auf einem Vorortbahnhof von Poznań geparkten Sonderzugs für Fußballfans mit solchen Raketen einen auf dem Nachbargleis stehenden Güterzug in Brand gesteckt; das Feuer griff anschließend auch auf den Fanzug über und zerstörte einen Waggon. Die Polizei kündigte an, sie werde die Urheber aufgrund der Aufnahmen der Überwachungskameras feststellen und zur Verantwortung ziehen. Ein großer Teil des Massenanhangs des »Unabhängigkeitsmarsches« rekrutiert sich genau aus rechten Hooliganmilieus.
Der 11. November ist seit 1989 der offizielle Nationalfeiertag, an dem an die Gründung der Zweiten Polnischen Republik auf dem Gebiet Kongresspolens 1918 erinnert wird. In mehreren kurzen Kriegen gegen seine deutschen, ukrainischen, litauischen, tschechoslowakischen und sowjetischen Nachbarn dehnte sich der neue polnische Staat in der Folge auf weite Teile Osteuropas aus.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Regio:
Mehr aus: Antifaschismus
-
Nur knapp gescheitert
vom 13.11.2024