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Aus: Ausgabe vom 14.11.2024, Seite 5 / Kapital & Arbeit
Musikschulen

Rabatz unter der Quadriga

Honorarlehrkräfte Berliner Musikschulen protestieren. Der Senat müsste sie fest anstellen, hält sie aber hin
Von Max Ongsiek
Künstler und Kulturschaffende demonstrieren am Mittwoch am Brandenburger Tor gegen Kürzungen im Kulturbereich
Auch der Berliner Kultursenator ist vor Ort (13.11.2024)
Berlin braucht Ramba Zamba: Rund 3.000 Künstler und Kulturschaffende versammeln sich (13.11.2024)
Künstler und Kulturschaffende halten Plakate mit kämpferische Parolen hoch (13.11.2024)

Die ersten strömten bereits vormittags vor das Brandenburger Tor. Der Anlass: Protest gegen die Kulturpolitik des »schwarz-roten« Senats. Im Kreuzfeuer der Kritik der mobilisierten Lehrkräfte der Berliner Musikschulen stand besonders einer, der zuständige CDU-Senator Joe Chialo. Die Lehrkräfte wollen nämlich nicht mehr bloß Honorarkräfte sein. »Festanstellung, jetzt!« tönte es unter der Quadriga.

Zu früher Stunde meinte Chialo auf Radio eins beim RBB: »Berlin steht in bezug auf die Haushaltskonsolidierung für die Jahre 2025 und 2026 vor wirklich historischen Herausforderungen.« Ein Wandkalenderspruch, mehr nicht. Und weiter in dem Stil: »Meine Aufgabe als Politiker ist es, die Rahmenbedingungen zu setzen, dass auch in diesen schweren Zeiten die Kultur funktionsfähig ist.« Aber auch der Kulturbereich habe sich dem Kürzungszwang zu unterwerfen. Zehn Prozent aus dem Etat müssten gestrichen werden. Und das bringt die Protestierer des Aktionsbündnisses »Berlin ist Kultur« vor dem Brandenburger Tor in Rage. Rund 3.000 werden es in der Spitze gewesen sein.

Wie die dpa am selben Tag berichtete, dürfte nach »monatelangen Beratungen der ›schwarz-roten Koalition‹ über milliardenschwere Einsparungen im Berliner Landeshaushalt nun bald Klarheit herrschen«. So wollen am kommenden Montag die Parteispitzen von CDU und SPD im Koalitionsausschuss im Roten Rathaus über den endgültigen »Sparplan« beraten.

Klar ist, dass Kürzungen im Kulturhaushalt auch die Musikschulen der Berliner Bezirke bedrohen. Leidtragende können dann auch die dortigen »Honorarlehrkräfte« sein. 75 Prozent der Lehrkräfte an den zwölf Berliner Musikschulen gehören dazu.

Am Montag hatte im Berliner Abgeordnetenhaus der Ausschuss für Kultur, Engagement und Demokratieförderung getagt. Die Sitzung betraf auch die berufliche Zukunft der Honorarlehrkräfte an hiesigen Musikschulen. Denn im Jahre 2022 hatte das Bundessozialgericht entschieden, so die Pressemitteilung des »Weißenseer Kultursommers« vom vergangenen Sonntag, »dass die Art und Weise, wie die meisten Honorarkräfte für die Musikschulen in Deutschland arbeiten«, den Tatbestand der Scheinselbständigkeit erfüllen würden. Deshalb müssen diese Arbeitsverhältnisse gekündigt oder in Festanstellungen umgewandelt werden (Herrenberg-Urteil).

Die Kulturstaatssekretärin Sarah Wedl-Wilson erklärte dort, dass geprüft würde, was es für die Berliner Bezirke bedeuten würde, wenn Honorarverträge in Festverträge umgewandelt werden würden. Es ginge außerdem um die Frage, ob Stellen neu ausgeschrieben oder direkt umgewandelt werden müssten. Dafür bräuchte man allerdings mehr Personal, mehr Zeit und mehr Geld. Man sei allerdings sehr weit entfernt von Lösungen und Endentscheidungen, so Wedl-Wilson. Auf die Frage, wann sei der Senat soweit, Honorarkräfte, die es wünschen, festanzustellen, antwortete die Staatssekretärin: »So bald wie möglich«.

Eine wichtige Folge des Herrenberg-Urteils war, dass viele Kommunen ihre Honorarlehrkräfte in Festanstellungen überführt haben, so Andreas Köhn von Verdi am Mittwoch im jW-Gespräch. Etwa in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg, aber auch in Frankfurt (Oder). Das sei schon traurig, betonte Köhn, dass die Bundeshauptstadt trotz besserer finanzieller Ausstattung dem Beispiel anderer noch nicht gefolgt sei. Statt dessen will der Senat 12,5 Millionen Euro dafür verballern, dass die National Football League (NFL) nach Deutschland komme. Finanzmittel, die besser in Festanstellungen der musisch lehrenden Honorarkräfte zu stecken wären. Zumal einer Studie der zuständigen Senatsverwaltung zufolge dafür unter dem Strich jährlich nur 20 Millionen Euro aufgetrieben werden müssten, weiß Gewerkschafter Köhn.

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