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Aus: Ausgabe vom 14.11.2024, Seite 5 / Inland
Energiepolitik

Gegenwind für Dampfmacher

In Stade soll das größte Holzheizkraftwerk der BRD entstehen. Umweltverbände machen dagegen mobil
Von Oliver Rast
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Nur ein kleines Lagerfeuer? Mitnichten. Hölzernes Brennmaterial steht bei einigen Energiekonzernen hoch im Kurs

Es soll das größte werden, nicht nur regional, sondern deutschlandweit: das geplante Holzheizkraftwerk in der niedersächsischen Hansestadt Stade im Ortsteil Bützfleth. Dort will das Energieunternehmen Hansekraft im städtischen Industriepark eigenen Angaben zufolge eine hocheffiziente Anlage zur nachhaltigen Energiegewinnung bauen. Vor allem aus importiertem Altholz, also gebrauchtem Holz wie Mobiliar, Paletten oder Material aus Baumaßnahmen. Hocheffizient, nachhaltig? Fraglich. Mehr noch, die Umweltorganisationen Robin Wood, Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Biofuelwatch widersprechen, fordern von Hansekraft und Kommune, auf den Bau zu verzichten, sagte Jana Ballenthien, Fachreferentin Wald von Robin Wood, am Mittwoch im jW-Gespräch.

Für den öffentlichen Kampagnenstart haben die Umweltaktivisten eigens ein siebenseitiges Infopapier vorgelegt. »Ein erster Aufschlag«, so Ballenthien. Kernpunkt: Holzverbrennung ist keine saubere Energiequelle. »Die Kohlendioxidemissionen pro Energieeinheit liegen wegen des geringeren Brennwertes von Holz vergleichbar hoch wie bei Kohle«, betonen die Verfasser. Kurzum, das Verfeuern von Holz sei eine klimaschädliche Scheinlösung für den Kohleausstieg.

Hinzu kommt: Selbst den Brennstoff Frischholz als Biomasse schließe Hansekraft nicht aus, weiß die Expertin von Robin Wood. Und durch energetische Nutzung von unbelasteten Althölzern erhöht sich der Bedarf an Frischholz etwa in der Spanplattenindustrie. Signifikant sogar. Denn das allermeiste Altholz kann problemlos weiter stofflich verwendet werden. Entsprechend dem Kaskadenprinzip dürfte es erst dann zur Energiequelle werden, wenn kein weiteres Recycling mehr möglich sei, erklärt Ballenthien. Und: Für die Verbrennung der wirklich zu entsorgenden Altholzmengen seien in Deutschland genug Kraftwerkskapazitäten verfügbar – eine Folge der jahrelangen Subventionen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Kritik, die der potentielle künftige Betreiber offenbar nicht versteht. Hansekraft will mittels des Werks jährlich 500.000 Tonnen Holz verbrennen, um sprichwörtlich Dampf zu machen. Wärme und Strom für Industrie und Haushalte. Zumal in Phasen sogenannter Dunkelflaute. »Denn unser Kraftwerk ist wetterunabhängig und erzeugt Energie und Dampf ganz gleich, ob die Sonne scheint oder der Wind weht«, steht auf der Homepage des Unternehmens.

Wann ist mit einer Inbetriebnahme zu rechnen? Das dürfte dauern. Jahre. Bislang sei erst ein sogenanntes Scoping-Verfahren im Gange, bestätigte ein Sprecher des zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Lüneburg am Mittwoch gegenüber jW. Eine Art Vorverfahren eines laufenden Planungsprozesses vor einem Genehmigungsantrag. Demnach seien »die Träger öffentlicher Belange« einschließlich Umweltverbänden und Bürgerinitiativen über das Vorhaben von Hansekraft informiert worden. Bis Anfang Dezember hätten diese Zeit für eine Rückmeldung, erst dann würde durch die Behörde festgelegt, welche Unterlagen der »Vorhabenträger« für einen Antrag auf Genehmigung vorlegen müsse.

Klar, die Realisierung der Stader Holzverbrennungsanlage sei noch fern, bemerkte Ballenthien. Die Umweltverbände wollten aber bereits jetzt eine Diskussion in der lokalen Bevölkerung anschieben. Auch über eine drohende Luftverschmutzung und Schadstoffbelastung durch verfeuertes Holz. Und nicht zuletzt solle sich der Rat der Stadt Stade mit der Kontroverse um den geplanten Bau beschäftigen. Vorneweg der Bauausschuss. Nur, dort gibt es gerade ein Stühlerücken, der bisherige Vorsitzende sei nicht mehr Vorsitzender, erfuhr jW am Mittwoch aus Ratskreisen.

Davon unabhängig. Ballenthien sowie Mitstreiterinnen und Mitstreitern fordern, auf wirklich erneuerbare Wärme zu setzen. »Selbst für die Dampferzeugung eignen sich Großwärmepumpen, die den in Norddeutschland reichlich vorhandenen Windstrom nutzen.« Ein neues, großes Holzheizkraftwerk brauche es nicht. Also, Planskizzen dafür zurück in die Schublade, ganz weit nach hinten.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (13. November 2024 um 20:16 Uhr)
    Wie mir scheint, haben einige Umweltschützer von der einen oder anderen Tatsache keine Ahnung: »drohende Luftverschmutzung und Schadstoffbelastung durch verfeuertes Holz«. Den Holzöfen sind hocheffiziente Filter nachgeschaltet, die von Feinstaub bis Chrom-6 alles abscheiden. Natürlich darf kein stofflich verwendbares Holz verbrannt werden. Für das andere Zeug, das womöglich Lindan enthält, ist ein solches Holzkraftwerk eine Sondermüllentsorgungsanlage. Holz lässt sich gut speichern, im Gegensatz zu Wind. Die Speicherung von Energie (gleich in welcher Form) ist das Hauptproblem der Energiewende. Wenn also sichergestellt wird, dass nur belastetes, sonst unbrauchbares Holz verfeuert wird und die Leistung möglichst weit moduliert werden kann, spricht nichts gegen ein solches Kraftwerk. Um »den in Norddeutschland reichlich vorhandenen Windstrom nutzen« zu können, muss allerhand an der Strommarktregulierung geändert werden! Ich lebe in einem norddeutschen Dorf, in dem ein Fernwärmeprojekt mit Großwärmepumpe aus genau diesem Grind zu scheitern droht.

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