EU-Parlament schiebt Absegnung
Von Mawuena MartensEigentlich lief alles glatt, bis ganz zum Schluss: Am Dienstag hat sich das EU-Parlament dagegengestellt, die sechs designierten Vizekommissionspräsidenten zu bestätigen. In der vorigen Woche waren eigentlich schon 19 der 20 vorgeschlagenen EU-Kommissare in den Anhörungen bestätigt worden. Nur über den Ungarn Olivér Várhelyi wird nun gemeinsam mit den Vizes von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verhandelt.
Stein des Anstoßes war vor allem die spanische Sozialdemokratin Teresa Ribera, nominierte Verantwortliche für Klimapolitik und Wettbewerb. Auch der italienische Parteigenosse von Giorgia Meloni, Raffaele Fitto, musste sich ein paar kritische Fragen gefallen lassen. Er soll nach dem Willen von der Leyens den EU-Sozialfonds und einen Fonds für regionale Entwicklung verantworten. Abgeordnete des linken Lagers bemängelten unter anderem seine Zugehörigkeit zu den Fratelli d’Italia ebenso wie innenpolitische Entscheidungen in Italien. Einen regelrechten Angriff verübten spanische Abgeordnete der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der ultrarechten Partei Vox jedoch auf Ribera. Sie warfen der derzeitigen Umweltministerin Spaniens vor, ihre Regierung habe die Bevölkerung nicht rechtzeitig vor den Überschwemmungen in Valencia gewarnt. Vor zwei Wochen waren dabei mindestens 222 Menschen ums Leben gekommen.
Entscheidungen über die weiteren Vizepräsidenten wurden zwar ebenfalls aufgeschoben, doch selbst NATO-Hardliner wie die frühere estnische Premierministerin Kaja Kallas durchliefen die Anhörungen ohne großes Aufheben der Parlamentarier. Kallas soll EU-Außenbeauftragte werden, und war Ende Juni bereits von den EU-Staats- und Regierungschefs nominiert worden. Zu den weiteren vorgesehenen geschäftsführenden Vizes gehören die rumänische Kandidatin für die Bildungskommission, Roxana Mînzatu, der französische Kandidat für die Industriekommission, Stéphane Séjourné, und die designierte finnische Kommissarin für Technologie und Sicherheit, Henna Virkkunen.
Nun werden Deals zwischen den einzelnen Fraktionen des EU-Parlaments erwartet, die am Ende wahrscheinlich doch ermöglichen, dass das Personalpaket abgesegnet wird. Sollten die Konservativen Ribera zu Fall bringen wollen, drohen die Sozialdemokraten, sich gegen Fitto zu stellen – davon gehen zumindest viele Beobachter in Brüssel aus. Am Dienstag kritisierte der BSW-Politiker Fabio de Masi daher auf X, dass im EU-Parlament übliche »Spielchen und Rituale« abgehalten würden. Es werde gefeilscht, ob einer der beiden durchfallen könnte, dabei gebe es kaum noch nennenswerte politische Unterschiede. Und weiter: »Die Nominierung der EU-Kommissare ist ein Trauerspiel. Im Europäischen Parlament gibt es trotz der Verschiebung der Bestätigung einiger Kommissare keinen echten Widerstand gegen eine EU-Kommission, die zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit keine Ideen hat.« Auch der Linke-Politiker Martin Schirdewan schrieb ebenda von einer »Farce« und einem »politischen Kuhhandel im Hinterzimmer«, den die Fraktionen der Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Rechten der sogenannten Europäischen Konservativen und Reformern veranstalteten.
Im Juni hatten in allen EU-Mitgliedstaaten Wahlen des EU-Parlaments stattgefunden. Dabei waren die Konservativen der amtierenden Kommissionspräsidentin von der Leyen stärkste Kraft geworden. Das Parlament muss dem Personalpaket der Kommission zustimmen, damit dieses planmäßig zum 1. Dezember seine Arbeit aufnehmen kann.
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