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Aus: Ausgabe vom 14.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Kapital baut ab

Musk bastelt an »Deep state«
Von Felix Bartels
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Kapital lässt regieren. Oder regiert gleich selbst

Bürgerliche Gesellschaft, seltsamer Bau: demokratisch, soweit es die Sphäre der einfachen Leute betrifft. Je weiter nach oben man aber gelangt, je mehr Macht in je weniger Händen, je mehr Geld auf je weniger Konten akkumuliert ist, desto mehr geht es zu wie aufm Dorfe. Man kennt sich, man lässt sich. Wenn der Milliardär Trump, der in Politik macht, den Milliardär Musk einlädt, in Politik zu machen, tut er das natürlich auf der Plattform, die Musk gehört. So am Dienstag auf X. Dort teilte er der von Musk verwalteten Weltöffentlichkeit mit, dass Musk eine »Behörde für Regierungseffizienz« leiten werde.

Die Geschichte aber beginnt früher. Die äußerst rechte Heritage Foundation war 2022 mit einem »Project 2025« hervorgetreten. Das sah die Abschaffung des FBI und die Kürzung der Mittel des Justizministeriums vor. Kompetenz für Bildung und Handel sollten von der Bundes- auf die bundesstaatliche Ebene verschoben, etwa 50.000 Beamte des öffentlichen Dienstes von ihren Posten entfernt werden. Zudem habe das Militär polizeiliche Arbeit zu übernehmen, und das Justizministerium politische Gegner der Republikaner zu verfolgen. Offenbar wurde Trump die Sache zu heiß, im Juli 2024 distanzierte er sich.

Die Funktion der kommenden Behörde, der neben Musk auch Trumps zeitweiliger Konkurrent Vivek Ramaswamy vorstehen soll, beschreibt der President-elect nun so: »Bürokratie abbauen, übermäßige Regulierungen abschaffen, verschwenderische Ausgaben kürzen und Bundesbehörden umstrukturieren.« Übersetzt: Sozialabbau, freie Fahrt fürs Kapital, Zerlegung öffentlicher Ordnung.

Die Behörde scheint eine Schwundstufe des Projects, ihre Stoßrichtung ist dieselbe. Dominierende Gruppen kapitalistisch verfasster Gesellschaft fechten gegen den Staatsapparat. Nicht, weil der antikapitalistisch arbeitet, doch seine Funktion liegt, historisch und aktuell, darin, das anarchische Gewese des reinen Kapitalismus hier und da zu begrenzen, die Stabilität der Gesellschaft muss erhalten bleiben. Die Trump-Administration dagegen vertritt den reinen Kapitalismus, der von wenigen Konzernen reguliert wird. »Deregulierung« bedeutet bloß, dass die Regulierung nicht vom Kapital auf den Staat übergehen soll. Föderalismus ist eine Ausdrucksform dieser Richtung, entsprechend richten sich das geplante Project und die realisierte Behörde vor allem gegen Bundesbehörden. Eine andere ist die Erzählung vom Deep State, die den Rechten dient, ihrerseits jenen Deep State zu errichten, den zu bekämpfen sie vorgeben.

So tritt für die arbeitenden Menschen an die Stelle des Kampfs gegen die besitzende Klasse der mit dieser Klasse gemeinsam geführte Kampf gegen die Eliten in Washington, und Milliardäre wie Trump und Musk, die von diesen Eliten kaum was zu befürchten haben, fürchten in ihnen dennoch, dass sie zumindest die Möglichkeit hätten, sie aufzuhalten.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Frank Lukaszewski aus Oberhausen (14. November 2024 um 11:56 Uhr)
    Vereinfachend kann man sagen, dass in »unserem« Wirtschaftssystem jenes nicht immer interessenshomogene Kapital die Richtlinien der Politik bestimmt. Musk darf, über die USA hinausgehend, wohl als einer der bedeutendsten Vertreter des, ich nenne es mal »neuen« Kapitals, gelten. Dieser verbündete sich mit Trump. Trump setzt ihn nun als Chef einer »Deregulierungsbehörde« ein. Bedeutet dies letztendlich nicht auch, dass damit genannte spezielle Richtung des Kapitals direkte Regierungsverantwortung in den USA übernimmt?
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (14. November 2024 um 08:41 Uhr)
    Man kann immer nur wieder raten, in guten deutschen Geschichtsbüchern zurückzublättern, in die Zeit nach 1933. Dass eine sehr imperialistische und chauvinistische Fraktion des Finanzkapitals die Macht im Staat direkt übernimmt, ist nicht ohne historische Parallelen. Nirgendwo in der Welt bricht die absolute Finsternis so plötzlich aus, dass man das nicht vorher erkennen könnte. »So schlimm wird es schon nicht kommen. Die haben bald abgewirtschaftet«, tröstete man sich damals und tröstet sich auch heute. Nicht umsonst haben linke Intellektuelle aus den USA seit Jahren im Rahmen der Rosa-Luxemburg-Konferenz auf die schleichende Faschisierung ihres Landes hingewiesen. Diese ist mit der Wiederwahl Trumps nun zum Galopp übergegangen. Noch spottet das liberale Bürgertum über die nach oben gespülten Psychopathen. Uns allen wird das Lachen im Halse steckenbleiben. Denn damals wie heute lautete der am energischsten verfolgte Programmpunkt der Faschisten: Krieg um die Neuaufteilung der Welt »bis alles in Scherben fällt«.

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