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Aus: Ausgabe vom 15.11.2024, Seite 5 / Inland
Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Frist oder stirb!

Zeitverträge an Hochschulen: Chancen auf bessere Arbeitsbedingungen geschwunden.
Von Ralf Wurzbacher
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Die Hängepartie geht weiter: Warnstreik der GEW Sachsen-Anhalt in Magdeburg im Dezember 2023

Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) – ein Wortungetüm, so lang und zäh wie der Streit um eine Reform desselben. Und die Hängepartie geht weiter. Seit Mittwoch steht ziemlich sicher fest: Auf Dauerstellen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen die Betroffenen noch auf unbestimmte Zeit warten. Bei einer Anhörung im Bildungsausschuss des Bundestags waren die Vorbehalte der geladenen Sachverständigen am Regierungsentwurf weiterhin so groß, dass mit einem finalen Parlamentsbeschluss vor den anstehenden Neuwahlen nicht mehr zu rechnen ist. Schlimmer noch: Mit einer absehbar neuen Regierung, mutmaßlich unter Führung der Union, dürfte eine Lösung im Sinne der Beschäftigten wieder in sehr weite Ferne rücken.

Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weiß man um die Gefahr. »SPD, Grüne, Union, Linke und BSW sollten über ihren Schatten springen, die Vorlage der ehemaligen FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger gründlich gegen den Strich bürsten und die Weichen für Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindestlaufzeiten für Zeitverträge und verlässliche Perspektiven für Postdocs stellen«, mahnte am Donnerstag der stellvertretende Vorsitzende Andreas Keller im Gespräch mit junge Welt. Seit Einführung des WissZeitVG können die »Arbeitgeber« ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter für insgesamt zwölf Jahre – sechs Jahre vor, sechs Jahre nach der Promotion – praktisch in Endlosserie sachgrundlos befristen. Entsprechend sind laut Statistik rund vier Fünftel des akademischen Nachwuchspersonals bloß auf Zeit angestellt – ohne sicheres Auskommen, ohne Perspektive, ohne Zukunft.

Das Portal Forschung & Lehre stufte nach Abschluss der Ausschusssitzung eine zeitnahe Einigung als »unwahrscheinlich« ein. Diese Einschätzung teilt auch Keller, ein »großes Ärgernis«, wie er sagte. »Eine Verschiebung in die nächste Wahlperiode wäre fatal, unanständig gegenüber den Leidtragenden und untergräbt die Qualität von Lehre und der Forschung sowie die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule«, befand der GEW-Chef. Für eine Generalüberholung des Gesetzes fehlt es indes nicht nur an Zeit, sondern zudem an einem Ressortleiter, der etwas von der Materie versteht. Und dass es sich Stark-Watzingers in Bildungsfragen unbeleckter Amtsnachfolger Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) umgehend mit den am Status quo klebenden Standesvertretern der Hochschulen verscherzt, ist auch nicht zu erwarten. Aus seinem Ministerium war am Wochenende zu hören, dass es nun darum gehe, einen geordneten und verlässlichen Übergang zu ermöglichen.

Das täte aber bitter not. Stark-Watzinger lieferte in der Angelegenheit drei Jahre lang nur Stückwerk ab. Zunächst wollte sie Befristungen nach Erlangung des Doktortitels auf vier Jahre begrenzen, mit optional zwei weiteren Jahren im Falle einer verbindlichen Anschlusszusage. Für Beschäftigtenvertreter war das eine Einladung an die Dienstherren, junge Menschen durch die Postdoc-Phase zu prügeln, um sie danach auf die Straße zu setzen. Die Hochschulen wiederum sperrten sich kategorisch gegen jede Verkürzung der Höchstbefristungsdauer. Also kassierte die FDP-Ministerin ihren Entwurf wieder und schaltete zurück auf sechs Jahre Befristung auch ohne Anschlusszusage. Auch in der Frage der durch die GEW und das »Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft« geforderten Aufhebung der Tarifsperre zeichnete sich bis zuletzt kein Konsens ab. Die Bestimmung verbietet es den Gewerkschaften per se, vom Gesetz abweichende Befristungsregelungen auszuhandeln.

Keller sieht an drei Punkten Verbesserungsbedarf. Promovierten müsse »von Anfang an eine Entfristungszusage gegeben und nicht erst nach vier Jahren vage in Aussicht gestellt werden«. Zweitens müssten die Mindestvertragslaufzeiten von drei Jahren für Promovierende auf »mindestens vier Jahre erhöht und verbindlich werden«. Außerdem »weg mit der Tarifsperre und her mit der Länderöffnungsklausel«. Der Haken: Mit einem Kanzler Friedrich Merz (CDU) wird das alles kaum zu machen sein.

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