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Aus: Ausgabe vom 15.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Achtundachtzigjähriger des Tages: Wolf Biermann

Von Felix Bartels
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Lobo Cerveza Hombre

Neues von Biermann. Geburtstag hat er. Wie letztes Jahr um die Zeit. 88, und wir wissen, welche Rolle diese Zahl in der Welt der politischen Codes spielt: achter Buchstabe im Alphabet, HH, HipHop. Passend, denn zum Geburtstag kommt ein Album heraus mit Biermanns besten Liedern, zum Glück gesungen von anderen. »Re:Imagined« heißt es, und darauf rappt der Rapper Torch (heißt wirklich so) Biermanns »Von den Menschen«. Das Gedicht beginnt mit einem wunderbaren Vers: »Krieg raus, wer du bist!« Er könnte über Biermanns Leben stehen. Die DDR – vielleicht nicht ihre größte Leistung – hat ihm ein wenig bei der Beantwortung der Frage geholfen.

Hatte Biermann in seiner Rebellion gegen die SED zugleich auch immer gegen die Realität rebelliert, weil er übers Stadium der Linksromantik nicht hinauskam, wurde er in der BRD angekommen recht zügig staatsertragend. Geschätzte neun von zehn Einlassungen seit 1990 handelten von Linkspartei oder PDS. Krieg raus, wer du bist: Aus Mut gegen oben wurde Wut gegen unten.

Da die Linke mittlerweile erledigt scheint, hält Siegfried Ausschau nach neuen Drachen. »AfD und BSW«, verriet er dem Stern, »sind was für die Dumpfbacken in der Demokratie«. Zwar habe »jede Generation das Joch und das Recht, ihre eigenen Dummheiten zu machen«, doch die »Widersprüchlichkeit und Komplexität der Welt muss ein Mensch immer wieder neu lernen und aushalten können«. Und weil er selbst so viel komplexer und dialektischer denkt als jene Dumpfbacken, hat er auch verstanden, dass AfD und BSW keineswegs die Kehrseite einer Gesellschaft sind, die Elend so massenhaft wie Bier produziert. Nicht der Katzenjammer einer Umwelt, in der keiner gewinnen kann, ohne dass ein anderer verliert. Besoffen von der eigenen Weisheit schreit der Wolf seinen Schatten an, weil der ihm den Raum verdunkelt.

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  • Leserbrief von H. Braun (18. November 2024 um 14:33 Uhr)
    Ehre, wem Ehre gebührt. Dem Biermann? Felix Bartels schreibt in seiner Kolumne über Biermann: »Aus Mut gegen oben wurde Wut gegen unten.« Der »Mut gegen oben« sieht aber doch etwas kläglich aus, wenn man weiß (und das weiß sogar Wikipedia), dass Margot Honecker (geb. Feist) nach 1940 als 13jähriges Mädchen, weil ihr Vater im KZ und ihre Mutter gestorben war, einige Zeit in Hamburg mit der Familie von Wolf Biermann lebte.
    Wolf Biermann war Margot Honeckers Ziehbruder. Das war dann auch, als Honecker Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender wurde, Biermanns Freibrief. Dass sich das Ehepaar Honecker später des für sie lästigen Krakeelers entledigte, na ja. Biermann jedenfalls ist sich treu geblieben.
    Peter Hacks schreibt an einen Biermann-Freund am 1.6.1977: »Die Albernheiten unserer Gesellschaft sind jedermann bekannt; es gehört weder Verstand noch Mut dazu, sie auszusprechen. Der Sozialismus muss verbessert werden; es ist ein Gemeinplatz. Biermann aber hat den erklärten Zweck, den Sozialismus in einer solchen Weise zu ändern, dass er aufhören würde, Sozialismus zu sein.«
    Der Volksmund sagt, mit vollen Hosen ist gut stinken. Hat das mit alledem zu tun? Irgendwie schon.
  • Leserbrief von Wieland König aus Neustadt in Holstein (15. November 2024 um 14:01 Uhr)
    Man möge mir verzeihen, ich achte bestimmt das Alter, aber bei diesem Herrn kann das auch nur sehr wenig Positives begründen. Sein Tun hat m. E. weder etwas mit Kunst, mit Gesang oder Musikalität noch mit Überzeugungskraft oder Ehrerbietung zu tun. Er ist einfach nur noch peinlich. Seine DDR-Kritik war platt, grob schwarz-weiß und oft beleidigend. Was sich bestimmte DDR-Größen an ihm ersehen konnten, ist mir bis heute schleierhaft. Auch einer bildschönen Eva-Maria Hagen hatte ich damals mehr Geschmack zugetraut. Aber das nur am Rande. Die von ihm beherrschten Griffe auf der Gitarre hatte man in der Musikschule nach drei Wochen raus und seine Texte waren und sind so grottenschlecht, dass ihn selbst im Kindergarten die Erzieherin damit vor die Tür gestellt hätte. Solche geistigen Ergüsse, wie »Sindermann, du blinder Mann« und ähnliches sind nun wirklich Absturz jeden guten Geschmacks. Aber dass sich 1976 diverse betonköpfige Herren im Politbüro und Ministerrat nicht entblöden konnten, diesen Musikkasper aus der DDR auszubürgern, das war wirklich eine proletarische Glanzleistung. Das letzte Mal vor ihm hatten die Ganoven des dritten Reiches deutsche Bürger ausgebürgert. Ganz gewaltige Leistung. Damit hat dieser singende Kasper erst sein schaumgoldenes Image erhalten. Statt ihm ein Landkulturhaus in Hohenwulsch oder Mönchpfiffel-Nikolausrieth zu geben und ihn dort singen zu lassen, hat man ihn erst aufgeblasen. Als ob an diesem Mann der Sozialismus gescheitert wäre. Aber nun hofiert ihn die Politprominenz von Bonn bis Berlin und von CSU/CDU bis Linke und er suhlt sich in diesem Kakao. Viel Spaß bis zum 105.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (18. November 2024 um 14:23 Uhr)
      Einerseits wird von Ihnen Biermann totale Unfähigkeit attestiert. Dann jedoch kritisieren Sie die Ausbürgerung des »Musikkasper«. Stattdessen hätte man ihm sogar ein »Landkulturhaus« spendieren sollen, wo er weiter sein Unwesen getrieben hätte. Wären die Verantwortlichen auf solche Vorschläge eingegangen, hätte die Konterrevolution schon wesentlich früher stattgefunden.
  • Leserbrief von A. Katz aus Berlin (15. November 2024 um 12:58 Uhr)
    Wolf Biermann, den ich in meiner Jugend verehrte und heute nur noch verachte, wer hätte nach seiner Ausbürgerung gedacht, dass er sich vom strammen Kommunisten zum Antikommunisten par excellence häutete. Wegen dieses Deppen hatte ich in der verflossenen DDR das erste Mal Bekanntschaft mit den »zuständigen Organen« gemacht. Ich hatte im November 1976 mit meinem Tesla B 56 und dem Handmikro sein legendäres Konzert in Köln aufgenommen und Wochen später bei einer Fete abgespielt, Pech für mich, dass mich ein »Freund« bei der »Firma« verriet. Die Folge war, dass ich von der EOS geflogen bin, anyway … Baufacharbeiter war auch ein anständiger Beruf! Ab und zu höre ich allerdings auf YouTube noch ein paar wirklich gute Lieder von ihm. Der »Rote Stein der Weisen« ist zum Beispiel eines. Könnten sich die Linken von PdL und BSW ab und an mal anhören – es ist erschreckend aktuell.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Norbert S. aus München (15. November 2024 um 10:49 Uhr)
    Immer wieder lustig: Dieses Gefühl grenzenloser Fremdscham, wenn in dem Fall eine Dumpfbacke, die seit Jahrzehnten bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit ihre Dumpfbackigkeit öffentlich unter Beweis stellt, indem sie nur dumme Scheiße labert, andere als Dumpfbacken diffamiert.

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