Unklare Lage in Abchasien
Von Reinhard LauterbachWenige Tage nach dem Sturm auf das Parlament der kleinen Kaukasusrepublik Abchasien am Freitag ist die Lage im Lande unklar. Aus widersprüchlichen Agenturmeldungen geht hervor, dass der Präsident des 240.000 Einwohner zählenden und nur von wenigen Staaten anerkannten Landes, Aslan Bschania, die Hauptstadt Aqwa (georgisch: Suchumi) offenbar verlassen hat, aber weiterhin darauf besteht, im Amt zu sein. Nach unterschiedlichen Informationen soll er sich entweder in sein Heimatdorf oder auf eine russische Militärbasis abgesetzt haben. Die staatliche Exekutive ist offenbar weitgehend paralysiert, wenn man als Indiz den Aufruf der Verkehrspolizei nimmt, Autofahrer sollten trotz der Lage die Verkehrsvorschriften beachten.
Unmittelbarer Anlass für die Unruhen in der von Georgien beanspruchten Region war die geplante Verabschiedung eines Investitionsabkommens mit Russland durch das abchasische Parlament. Es hätte nach Darstellung der Opposition russischem Kapital die Möglichkeit gegeben, das Land nach Belieben aufzukaufen. Russische Medien bestätigten dies indirekt. Sie beschuldigten die Republik, durch das Verbot des Verkaufs von Immobilien an Ausländer dringend notwendige Investitionen etwa in die Tourismusbranche des früher als »sowjetische Côte d’Azur« geltenden Abchasiens zu verhindern. Das russische Außenministerium erklärte, es verfolge die Entwicklung in der Region »mit Sorge«, und sprach – als unterste Stufe von Wirtschaftssanktionen – eine Reisewarnung für russische Bürger aus.
Zu den Hintergründen der Vorgänge gibt es unterschiedliche Darstellungen. Unter anderem wird spekuliert, ob unter dem Deckmantel russischer Investitionen der georgische Milliardär und Finanzier der Regierungspartei »Georgischer Traum«, Bidsina Iwanischwili, Land aufkaufen und Georgier dort wieder ansiedeln wolle. Das ganze Abkommen sei Teil einer geheimen Übereinkunft, Abchasien – dessen Haushalt zu 40 Prozent von Russland finanziert wird– wieder mit Georgien zusammenzubringen, von dem es sich in den Jahren 1992/93 in einem Bürgerkrieg abgespalten hatte. Die abchasische Opposition erklärte, sie wolle an den »partnerschaftlichen und strategischen« Beziehungen zu Russland festhalten. Die Bewegung richte sich nur gegen die Misswirtschaft und Korruption der herrschenden Mannschaft.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 02.10.2023
Schwierige Unabhängigkeit
- 16.07.2022
Zwischen Baum und Borke
- 23.04.2021
Im Gärfass
Mehr aus: Ausland
-
»Wir haben fast ein Jahrzehnt verloren«
vom 18.11.2024 -
Freiheit für die Westsahara
vom 18.11.2024 -
Tohuwabohu in Den Haag
vom 18.11.2024 -
Familie von Malcolm X klagt
vom 18.11.2024 -
»Riesige« russische Verluste?
vom 18.11.2024 -
»Frieden durch Stärke«
vom 18.11.2024 -
Westen blockiert
vom 18.11.2024