Familie von Malcolm X klagt
Von Jürgen HeiserDrei Töchter des afroamerikanischen Freiheitskämpfers Malcolm X haben den US-Auslandsgeheimdienst CIA, die Bundespolizei FBI und das New York Police Department (NYPD) der Verschwörung zum Mord an ihrem Vater im Jahr 1965 beschuldigt. Die Klage, die vor einem US-Bundesgericht in Manhattan, New York, am Freitag eingereicht wurde, soll beweisen, dass die Behörden Kenntnis von dem Mordkomplott hatten, daran beteiligt waren oder versäumt haben, es zu verhindern.
Im Beisein der Angehörigen begründete Bürgerrechtsanwalt Ben Crump die Klage auf einer Pressekonferenz am Freitag vormittag (Ortszeit). Sie fand im »Malcolm X & Dr. Betty Shabazz Memorial and Educational Center« statt, dem früheren legendären Audubon Ballroom, in dem Malcolm X am 21. Februar 1965 erschossen wurde. Heute ist das Gebäude ein Begegnungs- und Bildungszentrum der schwarzen Gemeinde, das von Malcolm X’ verstorbener Witwe Betty Shabazz eingerichtet worden ist.
Laut AP sagte Crump, er hoffe, dass die Offiziellen des Bundesstaates und der Stadt die Klage »lesen, um alles über die heimtückischen Taten zu erfahren, die von ihren Vorgängern begangen wurden, und dass sie dieses historische Unrecht endlich korrigieren«. In der Klage werde dargelegt, dass es eine »korrupte, ungesetzliche und verfassungswidrige« Beziehung zwischen den Strafverfolgungsbehörden und »rücksichtslosen Mördern« gab, die zur Ermordung von Malcolm X führte und viele Jahre lang von Regierungsvertretern »aktiv verheimlicht, geduldet, geschützt und gefördert wurde«, so der Anwalt. Das NYPD und die CIA reagierten bislang nicht auf die Vorwürfe. Nicholas Biase, ein Sprecher des US-Justizministeriums, das ebenfalls verklagt wird, lehnte laut AP eine Stellungnahme ab. Das FBI teilte mit, es sei »übliche Praxis«, Klagen nicht zu kommentieren.
Seit Jahrzehnten gibt es immer wieder neue Versuche, Antworten auf die nie wirklich geklärte Frage zu finden, wer für den Tod von Malcolm X verantwortlich ist. Vor bald sechzig Jahren war Malcolm X im Alter von 39 Jahren auf einer Versammlung seiner Organization for Afro-American Unity (OAAU) auf offener Bühne erschossen worden, als er vor mehreren hundert Menschen sprach. Drei Männer waren im Zusammenhang mit dem Mord verurteilt worden. Zwei von ihnen wurden jedoch 2021 vom ursprünglichen Vorwurf freigesprochen, nachdem der Fall noch einmal aufgerollt worden war und Ermittler zu dem Schluss gekommen waren, dass Beweise manipuliert worden waren und die Anklage Informationen zurückgehalten hatte.
Der jetzigen Klage zufolge hatte das NYPD in Abstimmung mit den Bundesbehörden die Leibwächter des Panafrikanisten schon Tage vor dem Attentat verhaftet und die eigenen Beamten bewusst aus dem Ballsaal entfernt. Verdeckte Ermittler, die vor Ort waren, hätten tatenlos zugeschaut, als die tödlichen Schüsse abgefeuert wurden. »Der Schaden, der der Familie Shabazz zugefügt wurde, ist unvorstellbar und nicht wiedergutzumachen«, kritisierte Crump. Der Anwalt wirft den verantwortlichen Behörden vor, durch ihr Verhalten mutwillig bewirkt zu haben, dass »Betty Shabazz, die Ehefrau von Malcolm X, die Klägerinnen und ihre gesamte Familie jahrzehntelang unter dem Schmerz der Ungewissheit« hätten leiden müssen. Die mit der Klage verbundenen Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen belaufen sich auf 100 Millionen US-Dollar, einen für US-Verhältnisse nicht ungewöhnlichen Betrag.
Die Familie hatte ihren juristischen Schritt bereits Anfang vergangenen Jahres angekündigt. Laut Crump konnte die Klage jedoch nicht früher eingereicht werden, weil die Behörden der Familie lange Zeit wichtige Fakten vorenthielten. Dazu gehörte auch die wahre Identität von verdeckt agierenden »Informanten, Agenten und Provokateuren« und was diese über die Planung des Mordanschlags wussten. Sein Team habe in den vergangenen drei Jahren fast täglich »neue Beweise ausgegraben«, erklärte Crump weiter. Sie stammten demnach von Menschen, die noch nie mit jemandem über das gesprochen hätten, »was sie in den turbulenten Zeiten der 1960er Jahre erlebt haben«. In diesem Mordkomplott habe der Staat überall seine Fingerabdrücke hinterlassen. »Nun haben wir endlich die Beweise, die das belegen«, so der Anwalt.
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