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Aus: Ausgabe vom 18.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Energieversorgung

Kein Gas mehr für Österreich

Gasprom stoppt direkte Erdgaslieferungen. Von Importeur OMV und Regierung angekündigter Ersatz aus Italien und Deutschland dürfte nicht ausreichen.
Von Von Knut Mellenthin
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Die Gasspeicher sind laut österreichischen Behörden gut gefüllt (Speicheranlage in Straßwalchen, Salzburg)

Am Wochenende floss noch russisches Erdgas nach Österreich. Am Freitag abend hatte es für über das Gebiet der Ukraine geführte Pipelinelieferungen noch anders ausgesehen: Der russische Konzern Gasprom hatte dem Importeur, dem österreichischen Unternehmen OMV, mitgeteilt, ab nächstem Morgen kein Gas mehr zu liefern. Das hätte erhebliche Folgen, denn die Alpenrepublik bezieht immer noch zwischen 80 und 90 Prozent ihres Bedarfs aus Russland. Es gibt keine EU-Sanktionen, die das untersagen oder einschränken, sofern ein bestimmtes, hoch angelegtes Preisniveau nicht überschritten wird.

Versorgungsprobleme würden nicht auftreten, beruhigte die OMV: Die Gasspeicher seien zu über 90 Prozent gefüllt. Längerfristig könne Österreich genug Flüssigerdgas (LNG) aus Italien und Deutschland zukaufen. Niemand müsse im Winter frieren, erklärte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Die staatliche Marktaufsichtsbehörde E-Control meldete am Sonnabend morgen, beim Verteilerzentrum Baumgarten an der Grenze zur Slowakei komme weiterhin Gas an – nur etwa 17 Prozent weniger als normal. Beobachter und Medien vermuteten, Gasprom habe am »virtuellen Handelspunkt« Central European Gas Hub andere Abnehmer gefunden, die das Gas nun anstelle der OMV in Österreich weiterverkauften. Die CEGH mit Sitz in Wien bezeichnet sich selbst als »führende Drehscheibe für den Gashandel in Mittel- und Osteuropa«.

Mit OMV, bisheriger Alleinimporteur von russischem Gas in Österreich, will Gasprom gegenwärtig nicht mehr handeln. Hintergrund ist das am Mittwoch verkündete Urteil eines Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer im Rechtsstreit der beiden Unternehmen. Der OMV wurde ein Schadenersatz von 230 Millionen Euro zugesprochen. Dieser werde mit Lieferungen verrechnet, bis die volle Summe erreicht sei, teilte der Konzern mit. Am 20. November muss OMV die Rechnung für im Oktober bezogenes Gas begleichen; worauf Gasprom offenbar nicht warten wollte.

Im Juli 2022 hatte der Konzern Lieferungen an mitteleuropäische Kunden zunächst zeitweise unterbrochen, im September dann eingestellt. Aus westlicher Sicht war das eine Reaktion auf die Sanktionen, verhängt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022. Für Gasprom stellte sich das anders dar: Notwendige Wartungsarbeiten hätten nicht zeitgerecht durchgeführt werden können, weil Ersatzteile durch die Sanktionen nicht beschafft werden konnten. Warum das Schiedsgericht in der Bewertung dieser Umstände der OMV recht gab, geht aus bisherigen Pressemeldungen nicht hervor.

Das heraufbeschworene Risiko eines Lieferstopps nach Österreich wäre wohl ohnehin nicht mehr lange bedeutsam: Schon vor Wochen hat die Ukraine angekündigt, den Transitvertrag mit Russland nicht zu erneuern. Er läuft Ende des Jahres aus. Spätestens ab Januar 2025 kann auf diesem Weg also voraussichtlich kein russisches Gas mehr nach Österreich gelangen. Schon lange werden dort Wege geprüft, aus Verträgen mit Gasprom auszusteigen.

Der beschwichtigenden Behauptung der OMV und der österreichischen Regierung, dadurch entstünden keine Versorgungsprobleme, da Ersatz über Italien und die BRD geliefert werden könne, hat die mit der Beschaffung der strategischen Gasreserve Österreichs beauftragte Austrian Strategic Gas Management schon in einem Bericht vom 30. April widersprochen. Die bestehenden Importkapazitäten reichen als Ersatz nicht dauerhaft aus, heißt es dort. Die Lage könne nur verbessert werden, wenn diese Kapazitäten »so rasch wie möglich ertüchtigt und entsprechende Infrastrukturprojekte umgesetzt« würden.

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