Aus Leserbriefen an die Redaktion
»Pferdedieb oder Börsenspekulant«
Zu jW vom 11.11.: »Merz droht mit ›Reform‹«
Zukunft und bürgerliche Ideologie/Politik sind ein Widerspruch in sich. Immer deutlicher bewahrheitet sich die von Friedrich Engels ausgesprochene Warnung vor der Bourgeoisie als einer Klasse, »unter deren Leitung die Gesellschaft dem Ruin entgegenrennt« (»Anti-Dühring«). Offenbar ist allen nordatlantischen politischen Administrationen inhärent die Unfähigkeit, wichtige Zukunftsentwürfe oder fortschrittliche Lösungsansätze für eine gedeihliche Entwicklung zu schaffen. Bei dem heutigen Politpersonal haben wir es mit einer Bande von selbstsüchtigen bornierten Charaktermasken zu tun, die nur noch mit hohlen Phrasen und der bekannten Politclownerie die Leute an der Nase herumzuführen imstande sind. Und damit zugespitzt auf die verbrecherische Faschisierung von Denken und Handeln. Wer keine Ahnung hat vom historischen und dialektischen Materialismus und Denken und Handeln nur unter dem Vorzeichen von persönlichen Vorteilen zu sehen vermag, ist blind. Das gilt im großen und ganzen natürlich auch für die Wähler, die im Frühjahr zwischen Blackrock und Rheinmetall wählen dürfen. Dagegen war früher – frei nach Brecht – die Entscheidung für oder gegen Pferdedieb oder Börsenspekulant ja noch harmlos.
Manfred Pohlmann, Hamburg
Ungeeignet
Zu jW vom 08.11.: »Lindner rutscht aus«
(…) Recht hat die ehemalige Cum-Ex-Chefanklägerin Anne Brorhilker, dass Christian Lindner auf bis zu 40 Milliarden Euro geraubter Steuern verzichten will, also darauf, sie von großen und kleinen Banken zurückzuholen. Es darf an den Prozess gegen die Hamburger Warburg-Bank erinnert werden. Mit dem Geld könnten Behörden so ausgestattet werden, dass Wirtschaftskriminelle gerichtlich endlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch Investitionen könnten in unsere Infrastruktur getätigt werden, die dringend erforderlich sind. Damit könnte unser aller Zusammenleben erleichtert werden, und Deutschland hätte in EU-Europa wieder eine Zukunft. Lindner hat mit seinen persönlichen Eitelkeiten unserem Land und mehrheitlich allen Bürgerinnen und Bürgern großen Schaden zugefügt. Lindner hat bewiesen, dass er nicht koalitionsfähig ist und sich an keine Koalitionsabsprachen hält und somit für kein öffentliches Amt geeignet ist. Wir haben in unserem Gemeinwesen kein Ausgaben-, sondern eindeutig ein Einnahmeproblem sowie das große Problem mit der Steuergerechtigkeit! Ein Blick ins Grundgesetz würde jedem und jeder Bundestagsabgeordneten neue Einsichten vermitteln.
Klaus Jürgen Lewin, Bremen
»Sondermüllentsorgungsanlage«
Zu jW vom 14.11.: »Gegenwind für Dampfmacher«
Wie mir scheint, haben einige Umweltschützer von der einen oder anderen Tatsache keine Ahnung: »drohende Luftverschmutzung und Schadstoffbelastung durch verfeuertes Holz«. Den Holzöfen sind hocheffiziente Filter nachgeschaltet, die von Feinstaub bis Chrom-6 alles abscheiden. Natürlich darf kein stofflich verwendbares Holz verbrannt werden. Für das andere Zeug, das womöglich Lindan enthält, ist ein solches Holzkraftwerk eine Sondermüllentsorgungsanlage. Holz lässt sich gut speichern, im Gegensatz zu Wind. Die Speicherung von Energie (gleich in welcher Form) ist das Hauptproblem der Energiewende. Wenn also sichergestellt wird, dass nur belastetes, sonst unbrauchbares Holz verfeuert wird und die Leistung möglichst weit moduliert werden kann, spricht nichts gegen ein solches Kraftwerk. Um »den in Norddeutschland reichlich vorhandenen Windstrom nutzen« zu können, muss allerhand an der Strommarktregulierung geändert werden! Ich lebe in einem norddeutschen Dorf, in dem ein Fernwärmeprojekt mit Großwärmepumpe aus genau diesem Grund zu scheitern droht.
Heinrich Hopfmüller, Stadum
Nicht nur einseitig
Zu jW vom 12.11.: »Ein Jahrzehnt Besetzung«
In diesem Artikel wird komplett unterschlagen, dass der syrische Staat auch ein Embargo gegenüber den Gebieten der kurdischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien aufrechterhält. In diesen Gebieten befinden sich große Gefangenenlager, in denen IS-Kämpfer und deren Familien, auch ausländische, von den kurdischen Kräften mit Hilfe der US-Kräfte bewacht und unterhalten werden. Türkische Angriffe per Luftwaffe und Drohnen richten sich in diesen Gebieten permanent gegen Energieversorgungseinrichtungen, Lebensmittelspeicher, landwirtschaftliche Einrichtungen. Gleichzeitig werden gezielt Führungskräfte der Selbstverwaltung per Drohne getötet. Ja, die Ökonomie der Selbstverwaltung stützt sich auch auf Ölverkäufe. Es gibt seitens der Selbstverwaltung Verhandlungsangebote an die syrische Regierung über einen Autonomiestatus und über Warenaustausch, die von Regierungsseite abgelehnt werden. Dass die USA eigene Interessen verfolgen, ist auch den Kräften vor Ort klar; es ist ein fragiles Zweckbündnis. Frau Diehl sollte auch einmal die kurdischen Gebiete besuchen, sich die Standpunkte der Kurden anhören und nicht immer nur einseitig die Positionen der syrischen Regierung vertreten.
Jeanette Rassmann, Königs Wusterhausen
»Widerstandsmythen«
Zu jW vom 11.11.: »›Intifada‹ nicht erlaubt«
Eine Dienstanweisung an sich kann nicht direkt bekämpft werden, aber einen Haftungsanspruch des Verfassers der Dienstanweisung entsprechend Amtshaftungsgesetz auslösen. Dienstanweisungen sind natürlich entsprechend Informationsfreiheitsgesetz zu beauskunften. Nur, wer tut sich die Arbeit an bzw. hat das nötige Kleingeld, um Amtshaftungsklagen vorzufinanzieren bzw. im Falle der Erfolglosigkeit die Kosten zu tragen? Das Skandieren von Rufen wie »Intifada« sollte allerdings schon kritisiert werden, weil eben diese altbackenen, machistischen Widerstandsmythen einen wirksamen, gewaltfreien Widerstand, eine Zusammenarbeit mit der israelischen Friedensbewegung erschweren. Nur wenn alle emanzipatorischen Kräfte sich zusammentun, statt sich in Einzelkämpfen aufzureiben, besteht Aussicht auf Erfolg, auf einen echten Frieden in Freiheit und Wohlergehen für möglichst alle!
Martin Mair, Söchau
Dass die USA eigene Interessen verfolgen, ist auch den kurdischen Kräften vor Ort klar; es ist ein fragiles Zweckbündnis.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!