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Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 2 / Inland
»Gigafactory« von Tesla

Kletterclinch in Kiefern

Grünheide: Polizei will Protestcamp wegen Kampfmittel »sondieren«
Von Oliver Rast
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Stehen stabil: Die Baumhäuser der Wasser- und Waldbesetzung unweit der Tesla-Fabrik in Brandenburg

Es sind Kletterkünste in luftiger Höhe – oder: Ein Clinch in den Wipfeln der Kiefern am Montag vormittag. Protestcamper versus Polizeikräfte. In einem Waldstückchen unweit der »Gigafactory« des US-Autobauers Tesla in Grünheide im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree. Ein Areal, das Umweltaktivisten seit Februar besetzt halten. Eine Wald- und Wasserbesetzung gegen den geplanten Ausbau der Fabrik für E-mobile Karossen von Firmenboss Elon Musk. Teils in einem Trinkwasserschutzgebiet.

Bereits in den frühen Morgenstunden hatte die Einsatzleitung der Brandenburger Bereitschaftspolizei Einheiten am angrenzenden Bahnhof Fangschleuse zusammengezogen. Nicht nur als Machtdemonstration, nicht nur als Drohkulisse. Spezialtrupps der sogenannten Höhenrettung machten sich bereit. Bereit, um zirka ein Dutzend Protestierer von den Bäumen zu holen, aus Baumhäusern zu verbannen. »Freimachung« heißt der Übergriff im Polizeisprech. Der amtliche Grund: Eine Kampfmittelräumung sei notwendig. Ein Absuchen des Waldbodens auf rund 5.000 Quadratmetern nach Weltkriegsschrott, verbuddeltem, überwuchertem. So will es die Gemeinde Grünheide.

Ein Trick, kontern die Umweltaktivisten. Weil: »Unter dem Vorwand einer Kampfmittelsondierung wird die Versammlungsfreiheit mit Füßen getreten und der Wille von Elon Musk und Co. durchgeboxt«, wurde die Sprecherin von »Tesla den Hahn abdrehen«, Karolina Drzewo, am Montag beim RBB zitiert. In den vergangenen Monaten sind mehrere Versuche gerichtlich gescheitert, das Camp aufzulösen. Hinzu kommt: Der aktuelle Bebauungsplan sehe vor, »dass die Waldfläche, auf der sich das Protestcamp befindet, nicht bebaut werden darf«, erklärten Engagierte von »Tesla stoppen« gleichentags via Mitteilung. Dennoch werde Tesla mit Gewalt der Weg für weitere Wasserverschmutzung und Naturzerstörung geebnet. Etwa für den Bau von Lagerhallen und eines Güterbahnhofs neben dem Werksgelände für den Abtransport von E-Autos. Dafür müssten aber hektarweise Wald gerodet werden.

Den Protestcampern sei schon in der zurückliegenden Woche mehrfach mitgeteilt worden, dass die Flächen wegen Verdacht auf Kampfmittel überprüft würden, hieß es aus Polizeikreisen auf RBB-Anfrage. Die Versammlungsfreiheit bliebe gewahrt. So könnten sich Demonstranten außerhalb des Sicherheitskreises aufhalten. Aber: »Sollte den Auflagen nicht entsprochen werden, sind gegebenenfalls weitere polizeiliche Maßnahmen erforderlich.« Übersetzt: weitere Übergriffe.

Klar sei, freiwillig räumen ließen sich die Aktivisten nicht, betonte einer der Baumhausbesetzer am Montag nachmittag im jW-Gespräch. »Wir bleiben hier.« Mobilisierungsaufrufe in »sozialen Medien« wirkten. Zahlreiche Unterstützer seien im Umfeld des Camps, harrten aus, spendeten Solidarität. »Das motiviert.« Und der Zwischenstand des Wettstreits? »Erst vier von uns konnten die Cops abräumen.« Einsatzkräfte hätten sich mittlerweile zurückgezogen. »Zu dunkel.« Anders ausgedrückt: Punktsieg für die Guten.

Solidarität jetzt!

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (19. November 2024 um 11:30 Uhr)
    Das Ziel der Aktivisten ist bekannt: Kein Ausbau der »Gigafactory«! Dabei bleibt ein wichtiger Aspekt völlig unerwähnt, der in anderen jW-Artikeln stets an erster Stelle steht: Die Arbeiter und Angestellten! Um die Größenordnung zu zeigen: »2023 beschäftigte Tesla mehr als 10.000 Menschen in der Fabrik. Sie arbeiten in drei Schichten, 24 Stunden am Tag. Pro Schicht sind dabei mindestens 2.100 Personen gleichzeitig im Einsatz, um einen reibungslosen Betrieb zu garantieren.« (https://t3n.de/news/gigafactory-berlin-zahlen-und-fakten-zur-tesla-fabrik-in-gruenheide-1612102/) – Angenommen, es gelingt, Mr. Musk samt Tesla aus der Region zu vergraulen, was geschieht dann mit den dort Beschäftigten? Von Wald und Wasser allein können sie nicht leben. Aber darum mögen sich dann wohl andere kümmern. Die dann ihrerseits kritisiert werden, weil sie es nicht schaffen, die ehemaligen Teslaner anderweitig in Lohn und Brot zu bringen.
    • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (19. November 2024 um 14:41 Uhr)
      Ohne »Wald und Wasser« werden sie (und die Anrainer) aber auch nicht (über)leben können; und nicht nur sie nicht, sondern ebenso nachfolgende Generationen nicht. Mit dieser »Arbeitsplatzkeule« lässt sich in Deutschland offenbar jeder Ansatz von noch so berechtigter Kritik und jedes Gegenargument jederzeit und allerorts niederknüppeln. Im Braunkohletagebau waren übrigens noch viel mehr Leute beschäftigt – sogar einheimische! Wollen wir diesen deswegen etwa wieder betreiben?

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