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Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 4 / Inland
SPD-Kanzlerkandidatur

Gegenwind für Scholz

Diskussion um SPD-Kanzlerkandidaten hält an. Parteiführung stellt sich hinter Scholz. Unterstützung für Pistorius vom rechten Flügel der Fraktion
Von Kristian Stemmler
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Egal wer’s am Ende macht: Die Rüstungsindustrie kann mit beiden (Panker, 4.9.2024)

Die Führung der SPD bemüht sich nach Kräften, die medial geschickt betreute Debatte um eine erneute Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz für die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 zu unterbinden. Bisher mit eher mäßigem Erfolg. So erklärte Juso-Chef Philipp Türmer am Montag im Deutschlandfunk, er halte die Frage der Kandidatur noch nicht für entschieden. Ähnlich hatte sich der frühere SPD-Chef Franz Müntefering am Sonntag geäußert. Am Wochenende sprachen sich zudem erstmals zwei Bundestagsabgeordnete für Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius als Kandidaten aus. Die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil stellten sich dagegen erneut hinter Scholz, Klingbeil kündigte eine schnelle Entscheidung an.

Türmer sagte, es gebe bei der SPD »keine Selbstkrönung«. Man kröne sich »nicht als Kanzler wieder selbst zum Kandidat«, dies sei »eine Entscheidung der Partei und ihrer Gremien«. Da liege »jetzt eben auch der Ball«, so der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation. Die Partei lege sich fest, wenn Präsidium oder Vorstand einen Vorschlag machten und ein Parteitag darüber entscheide. »Und bis dahin ist die Frage für mich offen«, so der Juso-Chef. Müntefering hatte gegenüber dem Tagesspiegel erklärt, die Kanzlerkandidatur sei »kein Spiel, das zwei oder mehr Kandidaten abends beim Bier oder beim Frühstück vereinbaren« oder das ein »Vorrecht auf Wiederwahl umfasst«.

Mit Joe Weingarten aus Rheinland-Pfalz und Johannes Arlt aus Mecklenburg-Vorpommern hatten am Sonntag erstmals zwei Bundestagsabgeordnete für eine Kandidatur von Pistorius plädiert. Weingarten, der dem rechten »Seeheimer Kreis« der SPD-Bundestagsfraktion angehört, sagte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dieser habe »die Tatkraft, die Nähe zu den Menschen und die Fähigkeit, auch in klarem Deutsch zu sagen, was zu tun ist«. Das brauche »unser Land jetzt«. Der Verteidigungsexperte Arlt bezeichnete gegenüber dem Tagesspiegel Pistorius als »hervorragenden SPD-Kanzlerkandidaten«. Er sei »bestens geeignet, unsere Partei in den Wahlkampf zu führen«.

Am Montag drängten mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete dagegen gegenüber dem Magazin Stern auf einen schnellen Beschluss der Parteispitze für Scholz. »Olaf Scholz ist unser Bundeskanzler und hat Deutschland sehr erfolgreich durch nie dagewesene Krisen geführt«, sagte Bernd Westphal, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Der Düsseldorfer Abgeordnete Andreas Rimkus betonte: »Wir haben einen Kanzler. Und deshalb haben wir auch einen Kanzlerkandidaten.« Holger Mann, Vorsitzender der SPD-Landesgruppe Sachsen, sagte, er ziehe mit Scholz in den Wahlkampf: »Wir dürfen uns nicht wuschig machen lassen.« Der Parteilinke Axel Schäfer, Abgeordneter aus Bochum, forderte die SPD-Führung auf, die Kandidatur von Scholz rasch zu beschließen.

Pistorius selbst hält sich bisher öffentlich bedeckt. »Wir haben einen wirklich herausragenden Kanzler, der in einer der schwierigsten Zeiten der Republik in einer schwierigen Dreierkonstellation das Ruder in der Hand hatte«, sagte der Minister in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« am Sonntag. Scholz habe entschieden, dass er weitermachen wolle, die Partei werde darüber spätestens beim Parteitag am 11. Januar entscheiden. Er gehe »nach wie vor fest davon aus, dass Olaf Scholz nominiert werden wird«, so Pistorius.

Die SPD-Spitze will die Debatte schnell beenden. Klingbeil kündigte am Sonntag abend an, man werde in den nächsten Tagen den weiteren Fahrplan für den Wahlkampf festlegen. Es gehe »um einen Weg, den wir jetzt bis zum Bundesparteitag gehen«, sagte er in der ARD und bekräftigte: »Wir wollen mit Olaf Scholz in diesen Wahlkampf gehen.« Klingbeil räumte aber ein, dass es in der Partei ein »Grummeln« über Scholz gebe. Für den 30. November plant die SPD in Berlin eine »Wahlsiegkonferenz«, auf der der Kanzlerkandidat seinen ersten großen Auftritt haben soll. Auch SPD-Chefin Saskia Esken bekräftigte ihre Unterstützung für Scholz. »Er ist unser Kanzler, und er ist unser Bundeskanzler, unser Kanzlerkandidat«, sagte sie am Montag im ARD-»Morgenmagazin«.

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  • Leserbrief von B.S. aus Ammerland (19. November 2024 um 16:08 Uhr)
    Gegenwind für Olaf ? Das ist eher ein Hurrican, aber schließlich steht für die Kriegsparteigänger/Innen viel auf dem Spiel. Die Legislaturperiode ist noch nicht um und die Pensionsansprüche drohen den Bach herunterzugehen. Das wollen viele nicht hinnehmen, also wollen sie mitten im Strom nochmal das Pferd wechseln. Trotzdem versucht der Seeheimer-Kreis alles, um eine erneute Kanzlerschaft von Olaf Scholz zu torpedieren. Bei ihnen ist Panik ausgebrochen, es geht um ein Überleben der Kriegsfraktion und Abkassierer. Ihr Lieblingskanzlerkandidat, Boris Pistorius (der Freund aller Väter und Söhne) soll das Unmögliche möglich machen. Das totgerittene Pferd SPD wiederzubeleben – dafür ist ihnen jedes Mittel recht, und Pistorius muss sich fragen lassen, wann er denn zum Königsmörder werden will. Trotzdem, egal, wer von den Spezialdemokraten das Rennen macht, es wird nicht besser werden. Und Frieden ist mit dieser Partei nicht mehr zu erreichen.
  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (19. November 2024 um 07:13 Uhr)
    Egal, wer Kanzlerkandidat der SPD wird – den Krieg in der Ukraine haben Scholz und Pistorius durch Waffenlieferungen an einen längst bankrotten Staat gefördert, der ihn nicht gewinnen kann. Wäre es ein Boxkampf, dann würde er sofort abgebrochen werden, wenn klar wäre, dass eine Seite diesem Kampf nicht gewachsen ist. Und warum geschieht dies im Fall Ukraine nicht? Weil die NATO-Staaten sich sagen: Das ist ja unser (!) Kampf gegen Russland. Und wir sind ihm gewachsen. Herr Merz möchte Russland aus Berlin ein Ultimatum stellen und weit reichende Raketen einsetzen. Wenn sich Bundeskanzler Scholz in diesem Punkt (Taurus) weigert, die Grenze zur direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands zu überschreiten, so ist ihm wenigstens das anzurechnen. Am Wahltag 23. Februar wird in Russland, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan der »Tag der Beschützer des Vaterlandes«, quasi der inoffizielle Männertag, gefeiert. Warum sich die Männer in Deutschland dafür gerade Himmelfahrt ausgesucht haben, bleibt im Dunkeln. Das Wort erinnert doch allzu sehr an »Himmelfahrtskommando«. Hoffentlich wählen die Wählerinnen und Wähler für unser Land am 23.02.2025 etwas anderes.
  • Leserbrief von Peter Balluff aus Vöhl (18. November 2024 um 20:46 Uhr)
    »Einfach mal die Klappe halten«. Kaum steht der Termin für die nächste Bundestagswahl fest, da geht das Gerangel in den Parteien um Listenführer (und -innen) und Listenplätze los. In der SPD scheinen wohl die »Hinterbänkler« und die Mitglieder des Seeheimer Kreises den/ihren Kanzler Olaf Scholz demontieren zu wollen. »Überall wird von Gesprächen berichtet, dass enttäuschte SPD-Wähler …« (Zitat in der SZ). Das ist einfach nur »dummes Geschwurbel.« Zu allem Überfluss kommt auch noch der frühere Parteivorsitzende Franz Müntefering, man hatte ihn schon zusammen mit Franz Josef Strauß in den »ewigen Jagdgründen« gewähnt, um’s Eck um festzustellen, dass eine »Kanzlerkandidatur kein Spiel« sei. Da mag man dem senilen alten Sauerländer aus Arnsberg nur zurufen: »Einfach mal die Klappe halten.« Übrigens: Meine Frau und ich werden nach 50 Jahren erstmals wieder die SPD wählen.

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