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Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 5 / Inland
Mietwohnungsmarkt

Ampel ohne Bleibe

Zahl der Baugenehmigungen erreicht neuen Tiefstand. Regierung halbiert wohnungspolitisches Versprechen, Mietpreisbremse vor dem Aus
Von Ralf Wurzbacher
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Hinterlassenschaft der Resterampeampel: Ruinen und Abrissarbeiten (Potsdam, 16.11.2024)

Die Talfahrt beim deutschen Wohnungsbau setzt sich rasant fort. Die Zahl der Baugenehmigungen ist im September im Jahresvergleich um fast ein Viertel eingebrochen. Wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, gaben die Behörden für lediglich 15.300 Wohnungen grünes Licht. Das waren 4.600 weniger als zwölf Monate davor. Zugleich klagt nach einer Studie des kapitalnahen Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) die Hälfte der hiesigen im Wohnungsbau tätigen Unternehmen über geringe Auftragsvolumina und Stornierungen im Umfang von fast zwölf Prozent. Zu allem Überfluss steht auch noch die sogenannte Mietpreisbremse vor dem Aus.

Auf deren Verlängerung bis Ende 2028 hatten sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nach langem Streit erst im Oktober geeinigt. Mit dem Bruch der Koalition erscheint der entsprechende Gesetzentwurf aber nicht mehr durchsetzbar. Der federführende Marco Buschmann (FDP) ist nicht mehr Bundesjustizminister, und die Union steht in dieser Frage als Mehrheitsbeschaffer eher nicht zur Verfügung. Damit könnte diese Regelung, die ohnehin ein ziemlich stumpfes Schwert gegen Mietwucher ist, in vielen Städten bereits im ersten Halbjahr des kommenden Jahres auslaufen. Betroffen wären davon beispielsweise Berlin, Hamburg oder Köln, warnte schon in der Vorwoche der Deutsche Mieterbund (DMB). Tatsächlich bestehen je nach Bundesland unterschiedliche Fristen. In der Hauptstadt endet die fragliche Rechtsverordnung am 31. Mai, in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hamburg am 30. Juni. Ohne wenigstens eine Interimslösung bis zum allgemeinen Aus des Bundesgesetzes am 31. Dezember 2025 drohten »unkalkulierbare Folgen«, mahnte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten laut Mitteilung.

Die seit 2015 geltende Mietpreisbremse legt fest, dass Vermieter bei neuen Verträgen die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent überschreiten dürfen. Allerdings nutzen Eigentümer eine Reihe an Schlupflöchern, um die Vorgaben zu umschiffen. Zum Beispiel läuft die Bestimmung bei möblierten Wohnungen ebenso ins Leere wie bei sogenannten Indexmieten, die sich an der Entwicklung der Verbraucherpreise orientieren. Für nachlassenden Druck auf dem Immobilienmarkt bräuchte es an erster Stelle Nachschub an bezahlbarem Wohnraum. Die Bundesregierung war mit dem Versprechen 400.000 neuer Wohnungen jährlich angetreten, riss die Latte aber drei Jahre in Folge deutlich. Mit nur 157.200 Baugenehmigungen in den ersten neun Monaten ist wieder ein neuer Tiefpunkt erreicht. Im gleichen Zeitraum 2023 waren es 38.500 – und damit etwa 20 Prozent – mehr.

»Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspricht nur rund 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr«, zitierte gestern dpa den wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Das entspräche einer Halbierung der Ampelankündigung. Zu den Ursachen zählen hohe Material-, Energie- und Finanzierungskosten, die vor allem mit Beginn des Ukraine-Kriegs und dem Verzicht auf russisches Gas drastisch angezogen haben. Eine Trendwende sei »frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 zu erwarten«, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen spürbar gesenkt haben und die gelockerte Geldpolitik auch auf die Baunachfrage durchschlagen werde, glaubt Dullien. Das Ifo-Institut sieht die Zukunft noch düsterer und prognostiziert 2026 gar nur 175.000 neue Wohnungen.

Jüngst verbreitete der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GDW), dass sich besonders beim ohnedies am Boden liegenden sozialen Wohnungsbau weitere Abstriche abzeichneten. »2024 könnten 16 Prozent, 2025 sogar 33 Prozent der ursprünglich geplanten Sozialwohnungen nicht gebaut werden.« Das berge »erheblichen sozialen Sprengstoff, der Verteilungskampf um eine preiswerte Wohnung wird vielerorts härter«, erklärte daraufhin Jessica Tatti von der BSW-Gruppe im Bundestag per Mitteilung. Die Regierung müsse »jetzt handeln und die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften massiv mit Eigenkapital ausstatten, damit der Sozialwohnungsbau in den Kommunen nicht völlig zum Erliegen kommt«.

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