Tamilen bleiben skeptisch
Von Henning von StoltzenbergSri Lankas neuer Präsident Anura Kumara Dissanayake hat bei den Neuwahlen zum Parlament am vergangenen Donnerstag nicht weniger als einen Erdrutschsieg eingefahren, was seine Position enorm stärkt. Sein seit 2019 bestehendes Linksbündnis »Nationale Volksmacht« (NPP), das aus rund einem Dutzend Parteien besteht, konnte sich demnach mit mindestens 159 der 225 Parlamentssitze die absolute Mehrheit der Stimmen sichern. Die von Oppositionsführer Sajith Premadasa geführte »Vereinte Volksmacht« (SJB) erhielt deutlich weniger Sitze.
Überraschend gewann die NPP auch den Bezirk Jaffna, das Kernland der Tamilen im Norden, sowie einige andere Gebiete mit hohen Anteilen an nationalen Minderheiten. Das ist eine neue Entwicklung in der tamilischen Wählerschaft, die den singhalesischen Parteien in der Vergangenheit aufgrund der Geschichte des Bürgerkrieges zwischen den linken »Befreiungstigern« von Tamil-Eelam (LTTE) und der srilankischen Zentralregierung, der 2009 mit einem Genozid an der tamilischen Bevölkerung endete, misstraut hat.
Die NPP, deren stärkste Partei die »Volksbefreiungsfront« (JVP) ist, der auch Dissanayake seit Jahrzehnten angehört, verspricht auf ihrer Website, den Wohlstand für Sri Lanka neu zu definieren: »Unsere Vision ist eine gemeinsame Zukunft, in der Wirtschaftswachstum, soziales Wohlergehen und ökologische Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Wir befähigen Einzelpersonen, stärken Gemeinschaften und fördern Innovationen. Unser Engagement für Bildung und nachhaltige Praktiken gewährleistet eine wohlhabende Zukunft für alle Generationen.« Doch ob diese Versprechen in der Wirtschaftskrise und unter dem Diktat des Internationalen Währungsfonds (IWF) einlösbar sind, muss sich erst zeigen. Ein weiterer Punkt ist, ob dieser versprochene Wohlstand auch für die tamilische Bevölkerung gedacht ist.
Agilan Waradarajah, Sprecher des Volksrates der Eelam-Tamilen in Deutschland, äußert sich im Gespräch mit jW skeptisch zur NPP und zu deren Ankündigungen: »In Jaffna lebt inzwischen eine ganze Generation, die die Geschichte der tamilischen Revolution, des Freiheitskampfes und des Völkermordes an den Eelam-Tamilen kaum oder gar nicht kennt. Das ist kein Wunder, denn die öffentliche Thematisierung sowie das Gedenken an die Verstorbenen sind weiterhin verboten«, so der Diasporasprecher der tamilischen Community. In anderen tamilischen Regionen wie Vanni und Batticaloa habe die NPP deutlich weniger Stimmen erreicht. Symbolische Gesten wie der Abzug eines Teils des ständig präsenten Militärs in Jaffna hätten den Menschen Hoffnung gegeben. Die katastrophale soziale Situation sowie das unübersichtliche Wahlangebot mit vielen Kleinparteien seien weitere Faktoren. Die NPP sei eindeutig von der JVP dominiert, viele andere Parteien des Bündnisses existierten fast ausschließlich auf dem Papier.
Mit der JVP habe die tamilische Freiheitsbewegung über viele Jahre hinweg negative Erfahrungen gemacht. So habe die »Volksbefreiungsfront« vor 2009 aktiv unter der singhalesischen Mehrheitsbevölkerung dafür geworben, sich dem srilankischen Militär im Kampf gegen die LTTE anzuschließen. »Der neue Präsident Dissanayake hat sich zu den zentralen Themen wie dem tamilischen Selbstbestimmungsrecht, der singhalesischen Siedlungspolitik und dem Landraub bisher nicht geäußert«, betont Waradarajah. »Die buddhistisch-nationalistische Ideologie ist tief in der srilankischen Gesellschaft und in den politischen Parteien verankert. Dissanayake hat dieser gegen die Eelam-Tamilen gerichteten Ideologie bisher keine Absage erteilt. Aber genau daran wird er aus unserer Sicht zu messen sein.«
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Industriestaaten tagen in Rio
vom 19.11.2024 -
»Die Demokratie ist nicht unbedingt bedroht«
vom 19.11.2024 -
Panafrikanisten vorne
vom 19.11.2024 -
Häuser und Zelte im Visier
vom 19.11.2024 -
Freilassung erneut verhindert
vom 19.11.2024