75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Dienstag, 19. November 2024, Nr. 270
Die junge Welt wird von 2983 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Fakten schaffen

Biden will kein Ende des Ukraine-Kriegs
Von Reinhard Lauterbach
imago765019829.jpg
Darf Russland neuerdings mit US-Waffen im Hinterland bekämpfen: Der ukrainische Präsident Selenskij im Weißen Haus (Washington, 26.9.2024)

Es besteht keinerlei Anlass, von einem amtierenden oder kommenden US-Präsidenten irgend etwas Gutes zu erwarten. Bernie Sanders ist nicht zufällig von der eigenen Partei abgesägt und schon an der Kandidatur gehindert worden. Aber Joe Biden traut offenbar seinem gewählten Nachfolger zu, das aus seiner und der Sicht der Kriegstreiberfraktion in Washington Undenkbare zu tun: sich mit Russland auf irgendeinen »Deal« einzulassen, der nach dem jetzigen Kräfteverhältnis zwangsläufig zu Lasten der Ukraine gehen würde. Zu Lasten der Ukraine ging allerdings auch Bidens bisherige Politik, zu der in Kiew nicht ganz grundlos gesagt wird, sie habe dem Land nicht genügend Waffen geliefert, um zu siegen, sondern gerade so viele, dass es nicht verliere. Mit anderen Worten: den Krieg in der Ukraine in die Länge gezogen, auf Kosten der Menschen dort.

Jetzt setzt die »lahme Ente« Biden, dessen Amtszeit in zwei Monaten vorbei ist und dessen Partei krachend abgewählt wurde, ein weiteres Zeichen dafür, dass er an einer Beendigung des Krieges, des Sterbens und der Zerstörungen nicht interessiert ist. Und die Bundesaußenministerin klatscht ihm Beifall, ebenso wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der in wenigen Wochen von der notorischen Russenfeindin Kaja Kallas abgelöst wird. Auch aus Brüssel ist also nicht mit Deeskalation zu rechnen.

Dabei ist sehr zu bezweifeln, ob die Freigabe der US-Langstreckenraketen zu beliebigen Schlägen gegen Ziele in Russland die Lage grundlegend ändern würde. Auch Russland ist noch nicht am Ende seiner militärischen Möglichkeiten. Und die Begründung für Bidens Schritt ist beliebig: Die einen US-Offiziellen nannten den angeblichen, noch gar nicht nachweisbar festgestellten Kampfeinsatz nordkoreanischer Soldaten im Kursker Gebiet – also auf Russlands eigenem Staatsgebiet und somit als Akt der Selbstverteidigung vom Völkerrecht gedeckt – als Argument für Bidens Wende, andere die Angriffe auf die Energieinfrastruktur, wieder andere fanden den Schritt ohnehin überfällig. Argumente sind erkennbar überflüssig. Die Biden-Fraktion will es wissen.

Denn es geht dem noch amtierenden US-Präsidenten vor allem darum, vor dem Wechsel im Weißen Haus Fakten zu schaffen, an denen auch sein Nachfolger nicht mehr vorbeikommt. Mit anderen Worten: genau die Eskalation zu provozieren, von der es in demokratischen Kriegstreiberkreisen immer wieder heißt, russische Warnungen vor ihr seien sowieso nur Bluff.

Es gibt in der US-amerikanischen Diskussion zum Ukraine-Krieg eine gespenstische Argumentationslinie. Wladimir Putin sei risikoscheu, heißt es. Er habe bisher seinen Drohungen noch nie ernsthafte Konsequenzen folgen lassen. Deshalb brauche man sich vor ihnen auch nicht zu fürchten. Die US-Amerikaner vielleicht nicht; ihr Krieg spielt in Europa.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Jetzt freigegeben für Beschuss russischer Ziele: Start einer US-...
    19.11.2024

    Kriegsfans triumphieren

    Nach Freigabe von US-Raketen zum Beschuss Russlands drängen FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf »Taurus«-Lieferungen an Ukraine. Kanzler schickt 4.000 »Mini-Taurus«-Drohnen
  • Kriegsziele bisher nicht erreicht. Per Plakat ruft Wladimir Puti...
    19.11.2024

    Ein Ende nicht abzusehen

    Nach 1.000 Tagen Krieg deutet wenig auf einen baldigen Waffenstillstand oder gar Frieden in der Ukraine hin. Obwohl alles dafür spräche
  • Die Gasspeicher sind laut österreichischen Behörden gut gefüllt ...
    18.11.2024

    Kein Gas mehr für Österreich

    Gasprom stoppt direkte Erdgaslieferungen. Von Importeur OMV und Regierung angekündigter Ersatz aus Italien und Deutschland dürfte nicht ausreichen.

Mehr aus: Ansichten