Riesenwahlkreis des Tages: Altmark-Jerichower Land
Von Nico PoppDem Land Sachsen-Anhalt sind die über drei Jahrzehnte seit seinem Wiedereintritt in die Weltgeschichte so vorzüglich bekommen, dass dort immer weniger Menschen leben. Knapp 2,9 Millionen waren es 1990, unter 2,2 Millionen sind es heute. Während Magdeburg und Halle den weiteren Absturz nach den massenhaften Wegzügen in den 90ern verhindern konnten, schrumpft die Bevölkerung weiter draußen vor sich hin. Beim letzten Zählappell war es dann wieder soweit: Das Land verlor einen Bundestagswahlkreis (Bayern bedankte sich im Gegenzug für einen neuen); acht neu zugeschnittene Wahlkreise werden es im Februar 2025 dann noch sein.
Viele haben das mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen – man hat ja noch andere Probleme. Andere allerdings fragen sich beim Blick auf die neue Wahlkreiskarte, wo das alles noch enden soll. Zum Beispiel mit dem Wahlkreis Altmark-Jerichower Land, dem flächenmäßig größten Wahlkreis der Bundesrepublik. Er umfasst den gesamten Norden Sachsen-Anhalts und reicht im Osten des Landes im Halbkreis um die Landeshauptstadt herum ziemlich weit nach Süden. Er ist fast dreimal so groß wie das Saarland.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Herbert Wollmann, der 2021 den alten Wahlkreis Altmark gewonnen hatte, nannte das neue XXL-Modell am Montag in einem MDR-Radiobeitrag »extrem«. Man fahre 150 Kilometer von einer Ecke zur anderen; das sei eine »Herausforderung für die Demokratie an sich«. Auch AfD-Landeschef Martin Reichardt hat in Demokratietheorie aufgepasst: Wolle man enger am Wähler sein, müssten die Wahlkreise eigentlich »deutlich kleiner geschnitten sein«. Allein: Die Wahlkreise im Osten werden seit Jahrzehnten immer größer, und protestiert wurde dagegen nie. Vielleicht ja, weil die Leute schnell verstanden haben, dass die lieben Abgeordneten immer dann ganz »eng« bei ihnen im Wahlkreis sind, wenn das nächste Kreuzchen fällig ist. Und dann kann, um diesen Leuten aus dem Weg zu gehen, der Wahlkreis gar nicht groß genug sein.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Mehr aus: Ansichten
-
Fakten schaffen
vom 19.11.2024