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Aus: Ausgabe vom 19.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Bauernproteste in Frankreich

Landwirte gegen Mercosur

Frankreich: Landesweite Proteste gegen Abschluss von Freihandelsabkommen mit südamerikanischen Staaten. Präsident Macron lehnt es ebenfalls ab
Von Bernard Schmid
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Mit Straßenblockaden und »Protestfeuer« demonstrieren französischen Landwirte am Montag

In Frankreich sind erneut Bauernproteste aufgeflammt. So wurden in der Nacht von Sonntag zu Montag bereits in verschiedenen Landesteilen Straßen blockiert. Teilnehmer an ersten Autobahnblockaden auf der Höhe von Vélizy-Villacoublay im westlichen Pariser Umland erklärten vor laufenden Kameras, man werde auf das Zentrum vorrücken, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Die dort aktiven Landwirte gehörten dem französischen Bauernverband Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA) sowie ihrem Ableger für die jungen Landwirte, Jeunes Agriculteurs, an. Beim FNSEA handelt es sich um die stärkste von insgesamt drei Agrarorganisationen in Frankreich.

Und dessen Basis ist aufrichtig empört. Der Verband organisiert seit Montag in achtzig von insgesamt 101 französischen Départements Proteste: Autobahnblockaden hier, »Protestfeuer« dort, Versammlungen unter freiem Himmel und Kundgebungen an anderer Stelle. Neben der FNSEA mobilisieren auch die vor allem in Südwestfrankreich starke Coordination rurale sowie die linksorientierte, auch ökologischen Themen offene Confédération paysanne zu den Protesten.

Hatten die Bauernproteste in Frankreich im Februar und März dieses Jahres sich vor allem gegen die hohe Inflation, Spritverteuerung und um bäuerliche Einkommen gedreht, liefert nun einmal mehr das Mercosur-Freihandelsabkommen den Anlass. Von vielen Seiten wird ein Abschluss des vor beinahe 20 Jahren assoziierten Abkommens zwischen der EU und den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien (seit Februar), Bolivien, Paraguay und Uruguay befürchtet. Schon bei den Forderungen aus dem Frühjahr habe die Regierung »zu langsam reagiert«, sagte FNSEA-Sprecher Yohann Barbe dem Sender Europe 1.

Die exportorientierte brasilianische und argentinische Landwirtschaft basiert in hohem Maß auf Großgrundbesitz und Monokulturwirtschaft, etwa Soja oder Rindfleisch. Hinzu kommen intensive Vernutzung der Natur inklusive unvermeidlicher Umweltschäden – dreißig Prozent der in Brasilien zugelassenen Pestizide sind in der Europäischen Union grundsätzlich verboten. Vor allem in Brasilien kommt die Verdrängung, Vertreibung und teilweise Ermordung der indigenen Bevölkerung hinzu.

Während die linke Confédération paysanne so grundsätzliche Kritik an Freihandelsabkommen übt, die zur Steigerung von Exporten aus solchen Produktionsverhältnissen stammen, sind auch die beiden rechteren Agrarverbände besorgt. In ihren Reihen wird befürchtet, die einheimische Produktion könne durch preisgünstige Importe niederkonkurriert und in Teilen ruiniert werden.

Innerhalb der EU hat sich vor allem Deutschland für einen Abschluss eingesetzt und dürfte es begrüßen, sollte das Freihandelsabkommen beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro vielleicht abschließend besprochen werden. Die auf den Export ausgerichtete Industrie sieht in den Mercosur-Staaten einen aufnahmewilligen Markt, etwa für Autos und Werkzeugmaschinen. Verbündet mit ihm sind in Frankreich dabei manche Segmente der Luxuswarenproduktion, die ebenfalls stark auf Export ausgerichtet sind. Deutsche Landwirte sehen ihre Konkurrenzfähigkeit allerdings ebenfalls bedroht. Das Mercosur-Abkommen werde »einseitig zu Lasten unserer Landwirtschaft gehen«, erklärte »Bauernpräsident« Joachim Rukwied am Montag.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Sonntag bei seinem Staatsbesuch in Argentinien erklärt, Frankreich werde das Mercosur-Abkommen nicht unterstützen. Sein argentinischer Amtskollege Javier Milei habe ebenfalls Teilaspekte kritisiert, so Macron. Die EU-Parlamentarierin der linken La France Insoumise, Manon Aubry, kritisierte am Sonntag beim Privatsender BFM TV, die EU-Kommission versuche aktuell, das normalerweise bei internationalen Abkommen geltende Einstimmigkeitsprinzip auszuhebeln.

Das Abkommen werde dafür in zwei Teile gegliedert und künstlich aufgespalten, erklärte Aubry: in einen Teil zur multilateralen Kooperation der Staaten, der die Einstimmigkeit benötigt, und in einen davon scheinbar abgetrennten, rein handelspolitischen Teil, der nach dem Mehrheitsprinzip angenommen werden könnte. Macron habe zwar Frankreich verbal gegen das Abkommen positioniert, diesen Verfahrenstrick jedoch nicht aufgezeigt, geschweige denn dagegen protestiert. Die Annahme werde dadurch aber de facto begünstigt.

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