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Aus: Ausgabe vom 21.11.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Maritime Wirtschaft

Kein Klimaschutz mit LNG

Studie: Flüssigerdgas stellt in der Schiffahrt keine klimafreundliche Treibstoffalternative dar
Von Wolfgang Pomrehn
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Manche Reederei, insbesondere in Skandinavien, betreibt ihre Schiffe bereits mit Flüssigerdgas

Ist Flüssigerdgas – kurz LNG für Liquefied Natural Gas – tatsächlich die klimaschonende Alternative für den Schiffsverkehr, wie von der EU-Kommission und Reedereien behauptet? Im Rahmen einer neuen Studie wurde den Emissionen entlang der Wertschöpfungskette von der Quelle bis zum Schiffstank nachgegangen und das grüne Image des Gasmotors in Frage gestellt.

Bisher werden Schiffsmotoren meist mit Schweröl angetrieben. Selbst in der Binnenschiffahrt. Oft sind dabei auch noch die Vorschriften für den Ausstoß von Schwefel- und Stickoxiden sowie von anderen Schadstoffen im Vergleich zu den Regeln eher lasch. Das Mittel der Wahl dagegen ist der Wechsel des Treibstoffs. Manche Reederei, insbesondere in Skandinavien, hat bereits auf LNG umgestellt, und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben sich geeinigt, den Umstieg auch andernorts zu forcieren. Das durchaus nachvollziehbare Argument dabei ist, dass beim Verbrennen von LNG so gut wie kein Schwefeldioxid und kein Ruß freigesetzt wird, dass die Stickoxidemissionen erheblich niedriger sind und auch weniger vom Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) anfällt.

Was die erstgenannten gesundheitsschädlichen Schadstoffklassen angeht, so ist die Argumentation nicht von der Hand zu weisen. Beim CO2 wird es allerdings kniffelig. Das fällt bei Gas in der Tat weniger an. Der Haken besteht allerdings darin, dass LNG zum größten Teil aus Methan besteht und dieses selbst ein hochpotentes Treibhausgas ist, also möglichst nicht entweichen sollte. Ein einzelnes Methanmolekül ist im Vergleich zu einem CO2-Molekül über den Zeitraum von 20 Jahren betrachtet nach unterschiedlichen Untersuchungen 72- bis 86mal so wirksam. Über eine Dauer von 100 Jahren berechnet ist der Faktor 25 bis 34, da Methan in der Atmosphäre nach etwas mehr als zehn Jahren zu CO2 und Wasser zerfällt.

Besagte Studie, die im Auftrag der Brüsseler NGO Transport and Environment erstellt wurde, hat nun die Methanemissionen bei Produktion und Transport unter die Lupe genommen. Insbesondere die vielen Frackinggasquellen in den USA sind berüchtigt für ihre Gasleckagen, bei denen Methan entweicht. Aber auch anderen Orten gelingt bei der Förderung und an den Pipelines Methan in die Umwelt.

Außerdem hat die Studie einen Blick auf die Energie geworfen, die für die Förderanlagen, für das Pumpen durch die Pipelines sowie für die Verflüssigung notwendig ist – Energie, die meist durch die Verbrennung von Diesel, Gas oder Kohle gewonnen wird und somit ebenfalls mit Treibhausgasemissionen verbunden ist. Alle notwendigen Daten wurden aus zahlreichen Dokumenten der Förderländer und der beteiligten Unternehmen zusammengetragen, um die Gesamtmenge der Treibhausgase zu berechnen, die bei der Verbrennung von Gas in Schiffsmotoren entstehen, beziehungsweise diesen zuzuordnen sind.

Das Ergebnis: Gas ist bestenfalls geringfügig besser als Schiffsdiesel und keinesfalls in dem Ausmaße, wie in den EU-Dokumenten behauptet. Je nach Herkunftsland kann es unterm Strich aber auch die schlechtere Lösung als Schiffsdiesel sein. Besonders schädlich ist Gas aus den USA, Russland und Algerien, das nach den Berechnungen der Autorinnen und Autoren jeweils mit ähnlich hohen Emissionen verbunden ist. Der Umstieg auf LNG für den Schiffsantrieb erscheint aus Sicht des Klimas also eher ein Irrweg, einer, der den Umstieg auf wirklich klimafreundliche Lösungen unnötig verzögern wird.

Doch LNG ist ein gutes Geschäft, für das reichlich Propaganda gemacht wird. Zum Beispiel mit einem »World LNG Summit«, der vom 9. bis zum 12. Dezember in Berlin abgehalten wird. Für Umweltschützer und andere ist das geplante Lobbyistentreffen Anlass zum Protest. Am 8. und 9. Dezember gibt es einen Gegenkongress, auf dem sich Organisationen aus Europa, den Amerikas und Afrika über den Widerstand gegen Gasprojekte, Fracking und LNG-Infrastruktur austauschen wollen. Für den 10. Dezember ist eine Demonstration unter dem Motto »Gaswende stoppen – Energiewende jetzt!« geplant.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (21. November 2024 um 08:08 Uhr)
    In der Veröffentlichung »Methane emissions from natural gas use in the marine sector«, die bereits 2016 (!) veröffentlicht wurde und hier erhältlich ist https://www.researchgate.net/publication/311790113_Methane_emissions_from_natural_gas_use_in_the_marine_sector , kann man nachlesen, dass aus Treibhausgassicht praktisch kein Unterschied zwischen der Nutzung von schwefelarmen Diesel und LNG besteht. Aus dem Dokument geht leider nicht hervor, welcher Faktor als CO2-Äquivalent für Methan benutzt wurde. 2016 war der Faktor 25 gebräuchlich, man sollte aber darüber streiten, ob der Faktor für eine zehn oder zwanzigjährige Betrachtung (~80) nicht besser geeignet ist. Eine aussagefähige Grafik ist auf Seite 6 im Papier zu finden.

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