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Aus: Ausgabe vom 22.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Die Welt führen

US-Erwägungen zum Atomkrieg
Von Arnold Schölzel
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31. August 2016, Atlantik: US-Interkontinentalrakete »Trident II D5« vom U-Boot abgefeuert – ohne Atomsprengkopf

Konteradmiral Thomas Buchanan, Sprecher des US Strategic Command, äußerte am Mittwoch keine Privatmeinung, als er in Washington den Atomkrieg für »akzeptabel« erklärte. Das waren Atomwaffenabwürfe für die USA seit Hiroshima und Nagasaki 1945 immer. Problem waren spätestens seit dem »Sputnik«-Schock von 1957 mögliche Vergeltungsschläge auf US-Territorium durch sowjetische Interkontinentalraketen.

Zum ersten Mal seit dem Krieg mit Großbritannien 1812-1814 lagen die USA in der Reichweite gegnerischer Waffen. Befreiung aus dieser Lage ist seitdem erste Aufgabe von US-Strategen. Geübt haben sie daher seitdem die atomare Zerstörung von Freund und Feind weit weg vom eigenen Kontinent. Gegenwärtig kämpfen vor allem Polen und die Ukraine darum, Objekt »freundlicher« Atombombardierung zu werden. Am Donnerstag warnte zum Beispiel das Außenministerium in Moskau, die neue US-Basis im polnischen Redzikowo erhöhe die atomare Gefahr und stehe auf der Zielliste der russischen Streitkräfte. Die Raketenstation ist Teil eines NATO-Angriffsystems, das seit Kündigung des ABM-Vertrages durch die USA 2002 bis in die Türkei hinein aufgebaut wurde. Die Kriegsregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ließ das nicht ruhig schlafen: Ohne Diskussion mit der NATO, vor allem nicht mit dem Bundestag oder gar der Bevölkerung wollen Scholz und Co. erstschlagfähige US-Raketen nach Deutschland holen – als russische Zielobjekte. Überschrift: Besonnenheit.

Buchanans Äußerungen spiegeln den Umbau der US-Streitkräfte zu einem »führbaren« Atomkrieg wider. Der Admiral brachte am Mittwoch die Weltsicht seines Vorgesetzten, Generals Anthony Cotton, Chef des Strategic Command der USA, zum Ausdruck. Cotton nahm ebenfalls am Mittwoch zur »Modernisierung des Atomsystems« Stellung. Hauptpunkte: Die Sicherung der strategischen US-Vorherrschaft und der »globalen Stabilität«. Wie tragisch, dass beides nur durch globale Destabilisierung zu erreichen ist. Hat Cotton so nicht gesagt, aber: Leider habe sich die Welt seit den ersten US-Planungen für eine »Modernisierung« von Atomwaffen vor zehn Jahren geändert. Waren damals Kriege niedriger Intensität wie der »gegen Terror« auf dem Zettel, gehe es jetzt um eine »dual peer«-Herausforderung, was sich mit »zweifacher Ebenbürtigkeit« übersetzen lässt. Da muss dann zu Wasser, zu Lande und bis in den Weltraum hinein, »modernisiert«, d. h. Super-Hightech-Massentötungsgerät rund um die Erde verteilt werden. Wegen der Weltführung.

Eine Teilnehmerin der Veranstaltung in Washington, auf der Buchanan sprach, antwortete auf die Frage, was sich an der Weltlage verändert habe: »Atomkrieg ist nicht mehr unvorstellbar«. Und der Admiral zitierte Ronald Reagan: »Frieden ist ein Ziel, aber keine Politik«.

Gebrauchsanweisung: Es handelt sich bei all dem nicht um Drohungen, weil von Demokraten. Bis zum nächsten Atombombenabwurf – bisher nur von denen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (21. November 2024 um 21:41 Uhr)
    Was sich großartig an der US-Strategie geändert haben soll ist mir unklar. Da waren höchstens Optimierungsvarianten im Spiel. Der US-Weltherrschaftsanspruch/-Weltführungsanspruch hat sich (spätestens) seit 1945 nicht geändert. Dass man Russland nicht mit einem »low« impact war angehen kann wie den Irak, Libyen oder Syrien war immer klar. Falsch ist halt - wie in Afghanistan - die Beurteilung der inneren Situation, die Arroganz der Macht lässt grüßen. Arroganz der Macht hat Frau Baerbock offensichtlich auch mit »mit besonderer Auszeichnung«, wie Herr Fleißner zum Artikel »Zweiprozentpolitikerin des Tages« schrieb, gelernt. Wenn man eine Erstschlag-Doktrin hat, wie kann dann ein Atomkrieg unvorstellbar sein? Wie dümmlich Admirale reden können zeigt ja schon das Reagan-Zitat des Herrn Buchanan. Themenwechsel: »Besonders im Fokus standen die USA, als sie im Dezember 2019 mit der US Space Force die sechste Teilstreitkraft der amerikanischen Streitkräfte schufen und das US Space Command als zugehöriges Kommando wieder in Dienst stellten, das für sämtliche militärischen weltraumbezogenen Aktivitäten verantwortlich ist. Zudem veröffentlichte die Trump-Administration 2020 eine Defense Space Strategy, welche die Dimension Weltraum als potentiellen Kriegsschauplatz («warfighting domain») definierte und das Ziel formulierte, die militärische Vormachtstellung der USA im Weltraum vor allem gegenüber den Hauptkonkurrenten China und Russland zu behaupten, die ihre militärischen Weltraumprogramme bereits zuvor zentralisiert und ausgebaut hatten.« (https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2021/sicherheitspolitische-herausforderungen-im-weltraum-handlungsbedarfe-und). Dort auch: »Seit Juli 2021 verfügt die Bundeswehr über ein Weltraumkommando unter der Führung der Luftwaffe.« Der Unterschied zur Zeit vor dem 24.2.2022 ist lediglich, dass man jetzt laut sagt, was schon immer in der Schublade war und in den 80ern als »besuche Europa, solange es europa noch gibt« kolportiert wurde.

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