Grüne Steueroase in Gefahr
Von Dieter ReinischBald ist es soweit: Am kommenden Freitag wird in Irland das Parlament neu gewählt. Der Kampf um Mandate verlief bislang ruhig. Denn die beiden regierenden, konservativen Koalitionspartner, Fianna Fáil (FF) und Fine Gael (FG), liegen in den Umfragen vorn. Die republikanische Oppositionspartei Sinn Féin (SF) fiel seit dem Frühjahr stark zurück.
Zuletzt konnte sich SF zwar erholen und liegt nun wieder bei 18 Prozent. In der aktuellen Umfrage der Sunday Times ist das aber immer noch ein deutliches Minus zu den 24 Prozent, die die irischen Republikaner bei den vergangenen Wahlen erhalten hatten. Und es ist ein Abstand von fünf bzw. zwei Prozentpunkte auf FG und FF.
Aber halt, nun kommt doch noch ein bisschen Unruhe in den irischen Wahlkampf. Warum? Das hat mit dem jüngsten Votum für den neu-alten US-Präsidenten Donald Trump zu tun. In einem internen Regierungspapier, das unlängst von der Sunday Business Post veröffentlicht worden war, warnen die Verfasser. Denn Irland droht hart von der protektionistischen Wirtschaftspolitik des designierten US-Präsidenten getroffen zu werden.
Besonders Kopfzerbrechen macht den Iren die Bestellung von Howard Lutnick als Handelsminister in der künftigen Trump-Regierung. Seit seiner Bekanntgabe werden die Stimmen für eine Änderung der Wirtschaftspolitik der USA lauter. Dies könnte wiederum SF in den verbleibenden Tagen des Wahlkampfs in die Hände spielen. Die ultraneoliberale Politik des Landes, die die Republik Irland seit den Jahren des »keltischen Tigers« in den 1990ern zum Steuerparadies gemacht hatte, wird von den US-Republikanern schon lange abgelehnt.
Der Milliardär Lutnick, Chef des globalen Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald, ist ein lautstarker Kritiker Irlands. Die europäische Insel ist der Sitz vieler multinationaler Konzernzentralen, darunter Apple, Microsoft und HP. Sie sparen durch die irische Steuerpolitik Milliardensummen. Ein früheres Urteil der Europäischen Kommission, Irland müsse dreizehn Milliarden Euro Steuernachzahlung von Apple einfordern, wird von Dublin seit Jahren ignoriert.
Trump will abgewanderte US-Konzerne wieder ins Land holen. Dafür soll Lutnick, ein langjähriger Freund und Spendensammler des Präsidenten in spe, mit handelspolitischen Höchstzöllen sorgen. Trump hatte hohe Zölle im gesamten Wahlkampfs versprochen, um das US-Defizit zu senken und Jobs zu schaffen.
Erst vergangenen Monat postete Lutnick auf X, es sei »Unsinn, dass ausgerechnet Irland einen Haushaltsüberschuss auf unsere Kosten hat«. Und weiter: »Wir stellen hier nichts mehr her – selbst großartige amerikanische Autos werden in Mexiko hergestellt. Wenn wir diesem Unsinn ein Ende setzen, wird Amerika wieder ein wirklich großartiges Land sein. Sie werden schockiert sein!«
In Irland macht sich nun Pessimismus breit: Die US-Wahl habe handels- und haushaltspolitische Risiken spürbar erhöht, »und wir scheinen weiterzumachen, als ob sich nichts geändert hätte«, sagte John McHale, Wirtschaftsprofessor an der Universität Galway, am Mittwoch gegenüber Reuters. Irlands Niedrigsteuermodell sei in den USA »einzigartig exponiert«, so McHale weiter. Haushaltsüberschüsse seien auf eine fast siebenfache Steigerung der Körperschaftssteuereinnahmen im zurückliegenden Jahrzehnt zurückzuführen, die hauptsächlich von US-Unternehmen gezahlt wurden seien, schrieb unlängst der Irish Examiner.
FG und FF haben versprochen, die Haushaltsausgaben bis 2030 jährlich um bis zu sieben Prozent zu steigern, Steuern zu senken und Überschüsse in den Staatsfonds des Landes zu investieren. Der scheidende Wirtschaftsminister, Paschal Donohoe (FG), sagte am Mittwoch gegenüber Medien, Lutnicks Nominierung unterstreiche die Notwendigkeit, weiterhin Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften und Geld im Fonds zurückzulegen. SF befürwortet hingegen mehr öffentliche Ausgaben und weniger Finanzmittel im Fonds zu lagern. Also, der Wahlkampf ist eröffnet. Es darf unruhiger werden.
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