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Aus: Ausgabe vom 23.11.2024, Seite 1 / Titel
Ukraine-Krieg

Schlag auf Schlag

Putin droht bei weiteren Angriffen auf Ziele innerhalb Russlands mit Schlägen auch gegen NATO-Ziele. Westliches Militärbündnis sieht im Einsatz neuer russischer Rakete keinen »Wendepunkt« des Krieges
Von Reinhard Lauterbach
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Angeblich eine von der Ukraine abgeschossene ATACMS-Rakete auf dem Weg nach Russland

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine mit Hilfe eines neuen Raketentyps hat Präsident Wladimir Putin am Donnerstag abend Stellung genommen. Er sagte in einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Ansprache, für den Angriff auf das Gelände des Raketenbauers Piwdenmasch in Dnipro sei eine »experimentelle« neue Mittelstreckenrakete mit dem Codenamen »Oreschnik« (Haselnusstrauch) eingesetzt worden, die mit zehn- bis zwölffacher Schallgeschwindigkeit fliege, Mehrfachsprengköpfe trage und nuklear bestückt werden könne. Putin äußerte die Hoffnung, dass der »Raketentest unter Kampfbedingungen« den Westen zum Nachdenken bringe, und warf die Frage auf, ob es gut gewesen sei, die Gespräche über das Verbot der Mittelstreckenraketen einseitig und »unter einem Vorwand« abgebrochen zu haben. Russland bleibe dabei, von sich aus solche Waffen nicht zu stationieren, solange der Westen das ebenfalls unterlasse. »Stationierung« ist dabei nicht dasselbe wie Entwicklung und Erprobung, daher ist die Sprachregelung vom »erfolgreichen Raketentest« auch in diesem Zusammenhang zu sehen.

Der russische Präsident nannte die »Erprobung« der neuen Rakete eine direkte Antwort auf das »aggressive Verhalten« des Westens im Ukraine-Krieg. In den vergangenen Tagen hatte die Ukraine erstmals westliche Marschflugkörper gegen Ziele im Inneren Russlands eingesetzt. Russland behalte sich weitere Schläge mit der neuen Waffe in Abhängigkeit von künftigen weiteren Bedrohungen seines Staatsgebiets vor, sagte Putin. Das schließe auch Angriffe gegen Ziele in jenen Ländern ein, die es zuließen, dass ihre Waffen zu Angriffen auf russisches Territorium verwendet würden. Russland werde bei künftigen Einsätzen solcher Raketen in der Ukraine zuvor die Zivilbevölkerung der Zielgebiete auffordern, sich in Sicherheit zu bringen. Er könne sich diese »humanitäre Geste« leisten, weil sämtliche westliche Abwehrsysteme der Geschwindigkeit der neuen Hyperschallrakete nichts entgegenzusetzen hätten. Russland ziehe es weiterhin vor, alle Streitfragen mit friedlichen Mitteln beizulegen. Das Land müsse sich aber auf alle Eventualitäten vorbereiten. Auf jeden Angriff werde es eine Antwort geben.

Das US-Verteidigungsministerium bestätigte, dass Russland die USA eine halbe Stunde vor dem Abschuss der Rakete über »bestehende Kanäle der Risikovermeidung« informiert habe. In der Ukraine wurde eine für Freitag geplante Sondersitzung des Parlaments aus Sorge vor einem möglichen weiteren russischen Raketenangriff abgesagt. Präsident Wolodimir Selenskij beklagte sich, dass »die Weltgemeinschaft« bisher nicht auf den Angriff mit der neuen Rakete reagiert habe, obwohl das »eine neue Stufe der Brutalität« darstelle. Eine NATO-Sprecherin verwies darauf, dass die »Oreschnik«-Rakete wahrscheinlich nur in minimaler Stückzahl vorhanden sei und deshalb »keinen Wendepunkt« des Krieges markiere. Anlass für mehr Zurückhaltung des westlichen Militärpakts sah sie nicht. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer »furchtbaren Eskalation« und sah sich gleichzeitig in seiner »Besonnenheit« bestätigt, der Ukraine die Lieferung deutscher »Taurus«-Marschflugkörper zu verweigern.

Ohne unmittelbaren Zusammenhang mit diesem »Test« der neuen russischen Rakete teilte das US-Militär mit, es werde angesichts der »nuklearen Aufrüstung von seiten gleichwertiger Rivalen« wie Russland und China neue Atomwaffen in Auftrag geben und die Einsatzregeln anpassen.

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  • Leserbrief von Torsten Gutjahr aus Berlin (25. November 2024 um 16:24 Uhr)
    Man fragt sich, wollen die uns was vormachen, sind sie vollkommen Realitätsfremd oder einfach nur dumm. Minimale Stückzahl, lass ihn fünf haben. Die reichen fürs erste, eine auf Ramstein, eine auf das NATO-Hauptquartier, eine auf deutsche Rüstungsbetriebe. Die anderen beiden per U-Boot auf US-amerikanische Rüstungsbetriebe. Da gibt es aber dann ein Spektakel, der hat nicht nur gedroht! Ein Geschrei nach »Vergeltung«, »Rache« erhebt sich, und so beginnt es. Was dabei rauskommt, wird sich wahrscheinlich eine NATO-Sprecherin auch nicht vorstellen können.
  • Leserbrief von René Osselmann aus Magdeburg (25. November 2024 um 14:16 Uhr)
    Sind denn die Mächtigen dieser Welt von allen guten Geistern verlassen, oder warum dreht sich die Spirale der Eskalation zwischen den westlichen Staaten bzw. der NATO-Staaten und Russland immer weiter nach oben, bis das große Pulverfass dann doch noch explodiert? Es ist an der Zeit, dass die Worte der Deeskalation und Diplomatie endlich wieder die Oberhand gewinnen, die Waffen müssen schweigen, ansonsten können wir alle
    auch hierzulande noch das böse Erwachen bekommen!
    Und darum muss unbedingt verhindert werden, dass Deutschland dann doch noch die Taurus-Marschflugkörper schickt, denn würden sie geliefert, wäre der nächste Schritt erreicht zu einer direkten Konfrontation mit Russland! Stoppt den Wahnsinn, bevor dieser unser Leben stoppt!
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (23. November 2024 um 09:57 Uhr)
    Ein gefährlicher Balanceakt. Es wirkt beinahe lächerlich, wie westliche Leitmedien vermeintlich immer genau wissen, was Wladimir Putin denkt, plant und umsetzt. Gleichzeitig stellen sie jedoch selten die entscheidende Frage nach einer klaren Strategie des Westens – geschweige denn, dass sie eine solche Strategie erkennbar oder plausibel beschreiben könnten. Die jüngste Kehrtwende von US-Präsident Joe Biden, die Ukraine zu ermächtigen, russische Infrastruktur mit westlichen Waffen anzugreifen, wirkt wie eine halbherzige Provokation. Diese Entscheidung hätte entweder frühzeitig und mit entschlossener Unterstützung getroffen werden müssen – oder gar nicht. Stattdessen kommt sie jetzt, zu einem Zeitpunkt, der weniger auf strategische Überlegungen als auf innenpolitische und machtpolitische Kalküle hinzuweisen scheint. Sie dürfte nicht nur Russland weiter herausfordern, sondern auch Bidens potenziellen Nachfolger – etwa Donald Trump – vor erhebliche Probleme stellen. Die russische Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der erfolgreiche Einsatz der neuen Hyperschallrakete »Oreschnik« war unmissverständlich: ein deutliches Signal an den Westen, das weder ignoriert noch verharmlost werden sollte. Es ist eine letzte, scharfe Warnung – nicht nur an die Ukraine, sondern an jene westlichen Staaten, die Russland mit ihrer »Mundkarate« immer wieder herausfordern, ohne tatsächlich handlungsfähig zu sein. Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Polen, die sich gerne als entschlossene Akteure inszenieren, müssen sich die Frage gefallen lassen, wie glaubwürdig sie wirklich sind, wenn es um das Behaupten westlicher Interessen geht. Der Westen steht vor einem Scheideweg: Entweder tritt er geeint und entschlossen auf – oder er riskiert, durch halbherzige Maßnahmen und widersprüchliche Signale sowohl seine Glaubwürdigkeit als auch seine Handlungsfähigkeit zu verlieren.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Stephan J. aus Berlin (22. November 2024 um 19:42 Uhr)
    Der Beschuss der Ukraine durch die russische neue Hyperschall-Mittelstreckenrakete »Орешник« ist auch eine Warnung an Deutschland, vor der Lieferung von »Taurus«-Raketen an Kiew. Die Reichweite dieser eingesetzten Rakete macht Deutschland zum Zielgebiet, eine Rakete, die zudem mit Atomsprengköpfen besetzt werden kann. Es ist der erste Einsatz dieser Waffe in der Kriegsgeschichte, sozusagen der Wink mit dem Zaunpfahl. Ob ihn der Michel versteht?

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