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Aus: Ausgabe vom 23.11.2024, Seite 6 / Ausland
Kolumbien

Offensive gegen Gewalt

Kolumbien: Zahlreiche Festnahmen wegen Verbrechen an sozialen Führungspersönlichkeiten und Friedensunterzeichnern
Von Sara Meyer, Bogotá
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Verbitterung über Polizistenmorde: Kundgebung gegen die organisierte Kriminalität (Bucaramanga, 30.7.2024)

Im Rahmen der »Operation Themis«, einer breitangelegten Aktion gegen mutmaßliche Mitglieder bewaffneter Gruppen, sind in Kolumbien in den vergangenen acht Monaten 114 Personen festgenommen worden. Bei den bewaffneten Gruppen handelt es sich überwiegend um die kriminelle Organisation Los Gaitanistas, auch bekannt als Clan del Golfo, die Guerilla der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) sowie Dissidenten der ehemaligen Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die den Friedensvertrag von 2016 nicht akzeptiert hatten. Den Verdächtigen wird vorgeworfen, an Verbrechen an sozialen Führungspersönlichkeiten und Unterzeichnern des Friedensabkommens beteiligt gewesen zu sein. Die Operation konzentriert sich auf Regionen wie Cauca, Antioquia, Nariño, Meta, Putumayo, Caquetá und Norte de Santander, die stark von bewaffneten Konflikten und illegalem Drogenanbau geprägt sind.

Laut der Nationalpolizei gehören 30 der Festgenommenen zu FARC-Splittergruppen. Weitere 26 Personen werden dem Clan del Golfo zugerechnet, darunter 18 Anführer und mittlere Kommandeure. Die Verdächtigen sollen an mindestens 100 Angriffen auf soziale Führungspersönlichkeiten, Bauern sowie indigene und afrokolumbianische Aktivisten beteiligt gewesen sein. Zu den Verhafteten zählen Jhon Maro, der die Front Dagoberto Ramos der FARC-Dissidenten leitet, sowie Flaco Alberto, Finanzchef des Grenzkommandos, und Mitglieder der ELN wie Ney Segoviano und Rumba – alle genannt unter ihren Kampfnamen. Die Beschuldigten müssen sich unter anderem wegen Mordes, illegalen Waffenbesitzes, Rebellion und Verschwörung verantworten. Gleichzeitig konnten durch die Operation neun der meistgesuchten Kartelle identifiziert werden, die für Verbrechen an sozialen Führern in den betroffenen Regionen verantwortlich gemacht werden.

Seit seinem Amtsantritt steht der erste linke Präsident des Landes, Gustavo Petro, vor der Aufgabe, die anhaltende Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger und soziale Führungspersönlichkeiten im Land zu bekämpfen. Trotz seines Versprechens, den Friedensprozess voranzutreiben und strukturelle Gewaltursachen anzugehen, bleibt die Zahl der Morde allerdings alarmierend hoch. Laut Berichten des Instituts Indepaz wurden allein 2024 bisher 158 Führungspersönlichkeiten ermordet. Seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens 2016 summiert sich die Zahl der Opfer unter ehemaligen FARC-Mitgliedern auf mindestens 432 Tote. In den zurückliegenden acht Jahren wurden in Kolumbien insgesamt 1.294 Führungspersönlichkeiten getötet. Zusätzlich registrierte Indepaz allein in diesem Jahr 64 Massaker, darunter 27 Morde an Unterzeichnern des Friedensabkommens. Diese anhaltende Gewalt verdeutlicht die bestehenden Hürden im kolumbianischen Friedensprozess. Die Situation wirft die Frage auf, wie effektiv der Staat seine Schutzmaßnahmen umsetzt und wie erfolgreich er wirklich gegen illegale bewaffnete Gruppen vorgeht.

Petro hat mehrfach betont, dass Frieden nur durch tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Reformen erreicht werden kann. Dazu zählen die Landreform, die Regulierung illegaler Märkte und der Dialog mit bewaffneten Akteuren. Alle drei Maßnahmen hat Petro bereits auf den Weg gebracht, sie tragen bisher aber nur kleine Früchte. Trotz Fortschritten fordern gesellschaftliche Organisationen einen umfassenderen und oft einen nichtmilitärischen Ansatz. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Umsetzung der Schutzprogramme für gefährdete Personen und die Stärkung der staatlichen Präsenz in ländlichen Gebieten zu langsam vorangehen. Gleichzeitig betont die offizielle Ombudsstelle zur Überwachung der Menschen- und Bürgerrechte die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Zentralregierung, lokalen Behörden und Einsatzkräften, um die Sicherheit von Aktivisten zu gewährleisten. Petros Regierung steht vor der Aufgabe, nicht nur kurzfristige Maßnahmen gegen Gewalt zu ergreifen, sondern auch die strukturellen Ursachen der Konflikte mit im Blick zu behalten.

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