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Aus: Ausgabe vom 23.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Ein Meilenstein

Strafbefehle gegen Netanjahu und Gallant
Von Norman Paech
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Wenn es nach der Straße geht, wäre Netanjahu schon in Handschellen abgeführt (New York, 26.9.2024)

Drei Wochen hatte der Internationale Strafgerichtshof gebraucht, um einen Haftbefehl gegen Putin auszustellen, sechs Monate brauchte er, um alle Widerstände gegen einen Haftbefehl gegen Netanjahu und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Gallant zu überwinden. Das lag nicht nur an den außergewöhnlich zahlreichen Interventionen von Staaten und Organisationen, die ihre Meinung zu dem Verfahren beisteuern konnten, auch nicht so sehr an dem zwischenzeitlichen Ausscheiden einer Richterin aus der Kammer des Gerichts und ihrer Ersetzung durch eine Kollegin.

Nein, die Kammer stand mindestens unter dem gleichen Druck, dem der Chefankläger Khan vor und nach seinem Antrag für einen Strafbefehl nachweislich gestanden hat. Es war überhaupt erstaunlich, dass er den Mut für eine solche Entscheidung aufbrachte. Drei Jahre zuvor hatte er noch die Untersuchungen gegen US-amerikanische G. I. wegen Foltervorwürfen in Bagram, Afghanistan, aufgrund der begrenzten Ressourcen seiner Behörde angesichts des Umfangs und der Schwere der Verbrechen eingestellt und seine Untersuchungen auf die Verbrechen der Taliban und den »Islamischen Staat« beschränkt. Die US-Regierung dankte es ihm umgehend.

Nun richtet sich der Strafbefehl nur noch gegen Netanjahu und Gallant. Die drei anderen, Hanija, Sinwar und Deif von der Hamas, hatten sie töten lassen, dafür aber die Möglichkeit vergeben, dass auch die schweren Vorwürfe gegen die Hamas von einem internationalen Gericht geprüft werden.

Ein Strafbefehl ist noch kein Urteil, noch ist ein Einspruch möglich. Doch wirken die erhobenen Vorwürfe des »Aushungerns als Methode der Kriegführung, des Mordes, der Verfolgung und anderer unmenschlicher Handlungen« – alles Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit – vor dem Hintergrund der täglichen Meldungen und ungeheuerlichsten Bilder von Hunger, Elend, Tod und Zerstörung wie ein Urteil. Und dieses Urteil trifft auch die Bundesregierung, die ihre Glaubwürdigkeit der verbrecherischen Kollaboration mit Israel geopfert hat. Noch findet sie keine Sprache, mit dieser Niederlage umzugehen.

Netanjahu wird sich nie einem Prozess stellen. Doch wer garantiert, dass nicht auch die Regierung in Jerusalem stürzt und aus den Ruinen als erstes Zeichen des Wiederaufbaus Netanjahu und Gallant nach Den Haag ausgeliefert werden? Dem können sie sich dann nur noch durch Flucht in das Asyl in Washington oder Berlin entziehen. Doch wer garantiert, dass mit dem Zusammenbruch der Ampel nicht auch das dürre Konstrukt der Staatsräson zerbricht?

Das mögen nur Hoffnungen sein. Aber wer hätte gedacht, dass die vielgeschmähte internationale Gerichtsbarkeit die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen kann, die ihr das Vermächtnis der internationalen Tribunale von Nürnberg hinterlassen hat? Der Strafgerichtshof hat es geschafft, sein Strafbefehl ist ein Meilenstein.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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