Rote Karte für Rheinmetall
Von Oliver RastDie Szene wirkt monströs. Ein stählernes Ungetüm steht auf dem Vorplatz, demonstrativ ist das metallfarbene Rohr ausgefahren, das Ziel anvisiert. Am Eingang der Westfalenhalle in Dortmund. Am Totensonntag. Aber, durchatmen. Eine Attrappe. Ein Panzer, nicht aus Stahl, aus Pappe. Nicht auf Ketten, auf Rollen. Dazu geschmückt mit Wimpel und Fahnen in schwarz-gelb.
Grund der Performance: die Mitgliederversammlung (MV) des Vereins Borussia Dortmund (BVB). Antimilitaristen der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) protestieren. Gegen den Ende Mai verkündeten Werbedeal der ausgegliederten Profiabteilung des Klubs, der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), mit dem Kriegskonzern Rheinmetall. Eine »Championspartnerschaft« nennen das BVB-Boss Hans-Joachim Watzke und Rüstungsjongleur Armin Papperger. Andere einen Pakt, um das Kriegsbusiness im Sport salonfähig zu machen, kurz: Sportwashing.
Dazu hatte die DFG-VK, die Informationsstelle Militarisierung (IMI) und der Dachverband der Kritischen Aktionäre am vergangenen Donnerstag eine Studie veröffentlicht – Titel: »Rheinmetall in der Zeitenwende«. Fazit: Der Deal diene »der gesellschaftlichen Normalisierung von Waffengeschäften«. Eine Charmeoffensive zur Imagepflege von Kriegstreibern, die Kanonenfutter brauchen.
Vielen Vereinsmitgliedern und Fans passt das nicht. Sie wollen keine Reklamekulisse für den Todbringer aus Düsseldorf sein. Das Gros jedenfalls. »Die Reaktionen auf unseren Protest sind überwiegend positiv«, sagte Michael Schulze von Glaßer am Sonntag vormittag im jW-Gespräch. Bemerkenswert sei, dass der Widerspruch zum Deal aus unterschiedlichen Ecken der BVBer komme, so der politische Geschäftsführer der DFG-VK weiter. Auch auf der MV.
Erstmals zehn Minuten vor 13 Uhr. Hunderte Mitglieder füllen das bestuhlte Hallenparkett. Jakob Scholz tritt ans pechschwarze Rednerpult mit dem BVB-Logo samt »Echte Liebe«-Spruch. Der Vorsitzende der Fanabteilung spricht, mahnt: »Dieses Sponsoring spaltet uns.« Applaus brandet auf. Lautstark. Und: Wie passe das zum Grundwertekodex »Keine Gewalt« des Klubs? Wohl gar nicht. Abermals Beifall. Dann, fünfzehn Minuten nach 13 Uhr, steht Watzke vor dem Mikro – und fabuliert gestenreich über Respekt und Anstand. Wichtig sei, keinem die »Rolle des Bösen« zuzuschreiben. Zumal die »Partnerschaft« mit Rheinmetall eine »Abwägungsentscheidung« gewesen sei. Letztlich hätten alle Gremien zugestimmt – und er stehe zur Entscheidung. Aber »ein paar schlaflose Nächte« habe er, Watzke, schon gehabt. Stirnrunzeln, Minenspiel unter den Versammelten.
Diverse Wahlgänge folgen. Alles läuft reibungslos. Es wird Nachmittag – und wieder spannend: Anträge aus der MV. Drei von fünf zum Rheinmetall-Coup. Zwei davon kontra Krieg und Tod. Die Debatte wird hitziger. Aber die Mehrheit ist auf Antikriegskurs. Der erste Antrag, den Deal zu missbilligen und nicht zu verlängern, kommt durch: 556 von 855 abstimmenden Mitgliedern votieren dafür.
Problem: Das Votum ist für Watzke nicht bindend. Beendet ist die Kontroverse dennoch nicht. Die Jahreshauptversammlung des BVB ist zweigeteilt. Nach der MV geht an diesem Montag die Hauptversammlung der KGaA über die Bühne. Selber Ort. Besonderes Bonbon: EU-Parlamentarier Martin Sonneborn (Die PARTEI) will in den Aufsichtsrat. Warum? »Ich kandidiere, weil ich Rheinmetall rausschmeißen will. Rote Karte!« Übrigens, der Pappanzer gegen Papperger und Co. ist dann auch wieder im Einsatz, versicherte Schulze von Glaßer.
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Leserbrief von Rainer Kral aus Potsdam (25. November 2024 um 13:10 Uhr)Gut, dass ich bereits seit einigen Jahren dem BRD-Sport den Rücken gekehrt habe. Die Hatz nach dem Mammon im Profisport ist mir zuwider. Das zu dieser abstoßenden Gier nach Geld auch die Werbung für einen Kriegs-Konzern gehört, sollte niemanden wundern. Moral und Ethik gibt es in diesem Zusammenhang nicht, denn je mehr Waffen produziert und je mehr Menschen mit diesen umgebracht werden, desto höher die Rendite und damit die Sponsorenüberweisung. Die angeblich schlaflosen Nächte eines Watzkes sind an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.
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