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Aus: Ausgabe vom 25.11.2024, Seite 4 / Inland
Palästina-Solidarität

Die Heizung bleibt kalt

Ein Wochenende mit Veranstaltungen im weiterhin bedrohten Berliner Kulturzentrum »Oyoun«
Von Jamal Iqrith
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Das Kulturzentrum »Oyoun« in Berlin (19.1.2024)

Menschen in dicken Winterjacken, mit Mützen und Schals drängen sich in den Saal. Noch zwei Wochen müsse man ohne Heizung auskommen, sagt Phil Butland auf der Bühne. Er spricht für die Veranstalter des »Unframe-Festivals«, das vom Freitag bis Sonntag im Kulturzentrum »Oyoun« in Berlin-Neukölln stattfand. Unter dem Motto »A Festival of Socialist Ideas and Culture« konnten Teilnehmer Dutzenden Workshops und Vorträgen zu Feminismus, Islamophobie oder Faschismus lauschen und Ausstellungen verschiedener Künstler besuchen. Im Vordergrund stand aber das Thema Palästina und die Kritik der »deutschen Staatsräson« – also der bedingungslosen Unterstützung Israels.

Der Veranstaltungsort war dabei nicht zufällig gewählt. Dem Kulturzentrum »Oyoun« in der Lucy-Lameck-Straße war durch den Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) im Dezember 2023 nach Antisemitismusanschuldigungen die Fortsetzung der finanziellen Förderung verweigert worden. Im März 2024 stellte das Landgericht Berlin fest, dass die Vorwürfe, die von mehreren Medien eifrig verbreitet worden waren, unbegründet sind. An der Räumungsklage, die die Betreiber zum Verlassen der Liegenschaft auffordert, ändert das nichts. Das »Oyoun« wehrt sich aktuell vor Gericht gegen den Stopp der Förderung, wird aber voraussichtlich nicht mehr bis 2025 im Gebäude bleiben.

Man habe die Hausverwaltung schon vor Wochen auf die ausgefallene Heizung aufmerksam gemacht, sagt Louna Sbou vom »Oyoun« gegenüber jW. Bisher habe die Senatsverwaltung jedoch nichts unternommen, um das Problem zu lösen, obwohl dort weiter Veranstaltungen stattfinden. Die kühlen Temperaturen hielten die Besucher des Festivals in jedem Fall nicht davon ab, Vorträge und Workshops zu besuchen – nur eben warm angezogen.

Am Freitag referierte Iris Hefets von der »Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost« über die deutsche Unterstützung für Israel und versuchte, diese aus psychoanalytischer Perspektive zu erläutern. Wenn Deutsche 2024 als Zionisten aufträten und Zionisten sich als Opfer von Antisemitismus inszenierten, könnten diese deutschen Zionisten sich als Opfer verstehen – und nicht als die Nachkommen von Tätern. Dabei spielten Juden letztlich keine Rolle, so Hefets. Sie seien schlicht »Accessoires«.

Am Sonnabend kamen rund 100 Zuhörer zu einer Diskussion über »(un-)demokratische Mechanismen« – also Repression – gegen palästinasolidarische Aktivitäten in Deutschland. Die seit einem Jahr zu beobachtende Verschärfung der autoritären Maßnahmen gegen Demonstranten, Wissenschaftler und Künstler stand im Mittelpunkt. Auch die am Freitag erlassenen Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Benjamin Netanjahu und Joaw Gallant wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit waren Thema. Sie seien historisch und ein Sieg der palästinensischen Befreiungsbewegung, erklärte der Rechtsanwalt Alexander Gorski. Die Reaktionen deutscher Politiker auf die Entscheidung spiegelten den autoritären und repressiven Umgang mit Kritik wider, der auch auf den Straßen hierzulande zum Tragen komme. Am Sonntag standen Veranstaltungen zu Antizionismus, Imperialismus und Rassismus auf dem Programm.

Veranstaltet wurde das Festival aus dem Umfeld der Gruppe »Sozialismus von unten«, die aus dem Netzwerk »Marx 21« der Linkspartei hervorgegangen ist. Vor allem junge Aktivisten aus unterschiedlichen politischen Kontexten besuchten die Vorträge und das Kulturprogramm. War der Palästina-Kongress im April 2024 von einer Hetzkampagne und immensem Polizeiaufgebot begleitet und letztlich verboten worden, verlief das »Unframe-Festival« weitgehend ruhig und wurde von der Berliner Stadtgesellschaft kaum wahrgenommen.

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