Bosch-Hammer im Anschlag
Von Oliver RastAchtung, Clip ab: Eine zweispurige Piste liegt in dunkler, nebliger Nacht. Aus einer tiefen Senke schieben sich ächzend zwei quietschgelbe Lkw empor. Ein schauriges Schauspiel, Scheinwerfer blitzen grell, Hupen tönen schrill. Ein Wettrennen zweier Kolosse mit montierten Bohrmaschinen auf Pritsche und Dach. Tempogleich rollen sie auf eine massive Wand aus Spritzbeton zu. Den Bohrer jeweils fest im Anschlag. Eine sonore Bassstimme spricht: »Links ein normaler Schlagbohrer, rechts der Bosch-Hammer mit pneumatischem Hammerwerk.« Nur ein Fabrikat kann gewinnen, gleitet mühelos durch das Mauerwerk. Triumphierend sagt die Stimme: »Bosch, arbeiten wie die Profis«. TV-Reklame aus dem Modellkasten der 80er, zeitgenössischer Trash auf der Mattscheibe. Und heute?
Heute sollen firmeneigene Fachkräfte weniger arbeiten, Industrie und Handwerk liegen am Boden, teils zumindest, etwa die Zulieferbranche der Autobauer. Bosch-Bosse aus der Zentrale im kleinen Gerlingen im Landkreis Ludwigsburg westlich von Stuttgart erklärten am Sonnabend: Statt bisher bis zu 40 Arbeitswochenstunden, ab März 2025 nur noch 35. Rund 10.000 Beschäftigte seien betroffen, vor allem an Standorten im Musterländle, zitierte dpa eine Unternehmenssprecherin. Und nein, mit der alten Gewerkschaftsforderung nach einer 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich hat das nichts zu tun. Gar nichts. Es ist Teil eines Kürzungsprogramms des Konzerns. Weniger Arbeit, weniger Einkommen, weniger Kosten.
Bereits am Freitag hatte Bosch verkündet: Es gebe weiteren »Anpassungsbedarf«, wegen der Krise in der Automobilproduktion. Denn die globale Fahrzeugfertigung werde in diesem Jahr bei rund 93 Millionen Einheiten stagnieren, »wenn nicht sogar gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgehen«. Im kommenden Jahr erwarte man allenfalls eine geringfügige Erholung. In der Branche gebe es erhebliche Überkapazitäten. Auch der Wettbewerbs- und Preisdruck habe sich verschärft. Besonders bei der E-Mobilität.
Bosch-Chef Stefan Hartung hatte jüngst gegenüber der Automobilwoche gesagt, dass 2024 schlechter gelaufen sei als erwartet. Das Unternehmen werde seine wirtschaftlichen Ziele in diesem Jahr nicht erreichen. Der Konzern rechnet – entgegen der ursprünglichen Prognose –mit einem leicht niedrigeren Umsatz als im Vorjahr. 2023 hatten Bosch-Malocher knapp 92 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch die Rendite, der Gewinn am Umsatz, werde geringer ausfallen.
Was bedeutet das für Jobs und Beschäftigungssicherung? In den kommenden Jahren würden rund 5.500 Stellen gestrichen, allein 3.800 hierzulande, teilte Hartung und Co. am Freitag mit. Der »Abbau« solle so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Es gelte weiter die Mitte 2023 geschlossene Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen in der Zuliefersparte Mobility Solutions der Bosch-Gruppe bis Ende 2027 ausschließe, teilweise sogar bis Ende 2029. In dem Bereich arbeiteten Ende 2023 gut 72.000 der rund 134.000 Bosch-Beschäftigten in Deutschland.
Wie reagieren Gewerkschafter und Betriebsräte? Empört, erbost, aber auch ermutigt. Besonders pikant sei, dass die geplante Streichorgie vor allem »Zukunftsfelder« betreffen würde, wurde Adrian Hermes, Konzernbeauftragter der IG Metall, am Freitag in einer Mitteilung zitiert. Rotstift in Bereichen, »in denen Bosch langfristig kraftvoll wachsen will«. Vor dem Hintergrund einer weltweit zugespitzten Handelspolitik sei eine solide, innovative, industrielle Unternehmensbasis aber um so wichtiger.
Deutlicher wurde Frank Sell: »Durch den einseitigen Eingriff des Unternehmens in das Entgelt der Beschäftigten haben wir einen neuen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung erreicht«, betonte der Gesamtbetriebsratschef der Zuliefersparte und Vizeaufsichtsratschef. Damit werde der soziale Frieden in den Betrieben aufs Spiel gesetzt. »Wir werden unseren Widerstand zu diesen Plänen nun organisieren.« Auf allen Ebenen. Und vielleicht holen zornige Kollegen auch den alten »Bosch-Hammer« raus.
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