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Aus: Ausgabe vom 25.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Zügig zugelassen

BSW vor Regierungsbeteiligungen
Von Nico Popp
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Die Thüringer BSW-Vorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz am Freitag in Erfurt

Das BSW ist noch vor dem ersten Jahrestag seiner Gründung in zwei Landesregierungen angekommen – nach Thüringen steht auch in Brandenburg der Abschluss der Koalitionsverhandlungen an. Das ist, zumal in einem politischen System, das gerade nicht auf Zugänglichkeit für kleine Parteien und Neugründungen ausgelegt ist, ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang. Die Parteichefin hat die schnelle Beteiligung an zwei Landesregierungen »beispiellos« genannt. Die zügige Zulassung zur Exekutive ist aber offensichtlich für nicht wenige Wähler der Partei gerade kein Grund zur Freude: Prompt schwächelt das BSW in Umfragen, und die ersten interessierten Diagnosen, die einen »Absturz« konstatieren, gehen in Druck.

Man kann der BSW-Spitze nicht vorwerfen, dass sie die Gefahr einer raschen Integration der Partei nicht gesehen hat. Wagenknecht hat vor den Wahlen das Friedensthema zum Dreh- und Angelpunkt von Koalitionsverhandlungen erklärt, und sie hat, als die BSW-Verhandler in Thüringen umzufallen drohten, energisch interveniert. Am Ende aber steht, und das ist das wesentliche Resultat, die Beteiligung an einer Regierung, die von der CDU geführt wird.

Dem BSW ist es nicht gelungen, den Eindruck zu zerstreuen, dass es sich bei dem Satz im Koalitionsvertrag, den die Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf zu einem »großen Wurf« erklärt hat, um einen »großen« Formelkompromiss handelt. »Eine Stationierung und deren Verwendung ohne deutsche Mitsprache sehen wir kritisch«, heißt es dort über die US-Mittelstreckenraketen – das konnten CDU und SPD unterschreiben, denn die Zustimmung Berlins zur Stationierung liegt selbstverständlich vor, und das Aufwerfen der Frage, ob eine »Verwendung« mit »deutscher Mitsprache« erfolgt, ist wohl kaum eine Grundsatzkritik. Eine friedenspolitische Aktivierung der Landesregierung, an der das BSW beteiligt ist, folgt aus diesem Koalitionsvertrag nicht zwingend – zumal die Thüringer BSW-Leute allem Anschein nach gezwungen werden mussten, wenigstens auf eine solche »kritische« Formel hinzuarbeiten.

Wagenknecht wird wissen, dass der »beispiellose« Erfolg des BSW eine Dynamik zur Voraussetzung hat, die nicht von der Partei erzeugt wurde: eine nach politischer Artikulation suchende Unzufriedenheit in weiten Teilen der Gesellschaft mit den angebotenen Varianten einer Status-quo-Politik, die in ihrer außenpolitischen Zuspitzung als direkt gefährlich empfunden wird. Von dieser Unzufriedenheit hat lange nur die AfD profitiert, bis das BSW in eine Lücke stieß, in der es vor allem die wegbrechende Wählerschaft der von Regierungslinken übel zugerichteten Linkspartei an sich zog. Und das sind nun einmal Wähler, die nicht von »beispiellos« schnellen Regierungsbeteiligungen träumen – so wie manche im BSW. Die Herausforderung für die Wagenknecht-Partei bestand nicht ­darin, Anfangserfolge zu erzielen. Viel schwerer scheint es ihr zu fallen, nicht sofort vom Integrationssog fortgerissen zu werden.

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