Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 21.11.2024, Seite 10 / Feuilleton
Rock

Adel verpflichtet

»Million Voices Whisper«: Das neue Album des Gitarrenstuntmans Warren Haynes
Von Andreas Schäfler
imago763926859.jpg
Durchaus eleganter Southern Rock: Warren Haynes

Wenn man Rock als Fels in der Brandung versteht, dann haben Musiker wie die Allman Brothers oder auch Grateful Dead in den 1970er Jahren die entscheidenden Maßstäbe gesetzt: ein wuchtiges Line-up mit je zwei Leadgitarren und zwei Drumsets – und dazu riesenhafte Amps, denen nebst satten Phonstärken auch noch reichlich psychedelische Gischt entwich. Für prägende Erweckungserlebnisse bei Heerscharen von Hippies sorgten damals vor allem die Konzerte und Livemitschnitte beider Bands.

Nachdem ihnen früher (Duane Allman) oder später (Jerry Garcia) die prominenten Leadgitarristen weggestorben waren, trat hier wie dort ein gewisser Warren Haynes in ihre Fußstapfen. Ganz schön mutig, auch wenn es dabei nicht um Imitation oder gar Inkarnation, sondern schlicht um tatkräftige Hilfe beim Weitermachen ging. Als mit Dickey Betts der nächste Allman verstarb, kam in Gestalt von Derek Trucks ein weiteres Gitarren-As an Bord. Und nach Gregg Allmans Tod musste, sollte und durfte Haynes auch vermehrt als Sänger ran. Diesen doppelten Aushilfsjob versah er um die Jahrtausendwende schließlich auch noch bei den dankbaren Überlebenden von The Dead. Seine eigene Handschrift schärfte er derweil im Bluesrocktrio mit dem hübschen Namen Gov’t Mule (was im Mississippi-Slang so viel wie »amtlicher Fettarsch« bedeutet). Über seine Zugehörigkeit zu zwei Zentralgestirnen der amerikanischen Rockhistorie und dank der zunehmenden Verfeinerung seines gitarristischen Könnens hat Warren Haynes mit der Zeit auch selbst etwas Gottväterliches bekommen – was aber nicht heißen soll, dass der Mittsechziger inzwischen Altherrenmusik machen würde.

Auf »Million Voices Whisper«, seinem erst vierten Album unter eigenem Namen, stellt er nämlich viel Frische und Spielfreude unter Beweis. Angestachelt vom Nukleus seiner famosen Begleiter (Terence Higgins von der Dirty Dozen Brass Band am Schlagzeug, Kevin Scott von Gov’t Mule am Bass und der positiv verrückte Hyperaktivist John Medeski an den Keyboards) besingt Haynes hingebungsvoll Freud und Leid des irdischen Daseins und fräst mit der Slidegitarre in aller Gemütsruhe seine individuelle Signatur in jedes einzelne Stück. Ökonomie, Baby: Selbst die Instrumentalduette mit Derek Trucks, der bei drei Songs als Gast mitwirkt, arten nicht in Überbietungswettbewerbe aus. Und nur gerade »Real Real Love«, ursprünglich gemeinsam mit Gregg Allman geschrieben, mutiert etwas gar feierlich zu einer Soundalike-Nummer. Auf »Lies, lies, lies« rechnet Haynes dafür wieder unerschrocken und geradezu funky mit dem dreckigsten Lügner seines Landes ab. Hier lässt es sich dann Herr Medeski nicht nehmen, auch mal die fiesesten Gift- und Galleregister zu ziehen. Im Vergleich zu seinem eigenen Trio, wo er immer für wilde Orgelkapriolen gut ist (wie vor ihm nur noch weiland Garth Hudson von The Band), verrichtet er hier seine Dienste sonst geradezu sittsam. Der versammelte Bluesrockadel verpflichtet! Und außerdem hat das Album noch weitere Attraktionen zu bieten, zum Beispiel die (nicht nur) Backgroundsängerin Saundra Williams, die den Schmacht einiger Balladen gehörig mit Soul auflädt.

Das ist alles nicht mehr ganz so fiebrig und verschwitzt wie der Sound, der vor einem halben Jahrhundert in den Studios von Muscle Shoals, Alabama, fabriziert wurde. Ehrlichen, durchaus breitbeinigen, dabei aber nicht uneleganten Southern Rock bietet »Million Voices Whisper« jedoch allemal. Und der ewig hilfsbereite Stuntman Warren Haynes darf verdientermaßen endlich auch mal wieder selbst als Fixstern leuchten.

Warren Haynes: »Million Voices Whisper« (Fantasy/Universal)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Martin M. aus Paris (22. November 2024 um 21:34 Uhr)
    Ich empfehle das Album Man in Motion. What a sound! https://warrenhaynes.bandcamp.com/album/man-in-motion

Mehr aus: Feuilleton