Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 26.11.2024, Seite 1 / Titel
25. November

Doppelter Angriff

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Hohle Phrasen zur dramatischen Lage, ausreichende Finanzierung von Schutz auf lange Bank geschoben
Von Ina Sembdner
Mit der kurdischen Losung »Jin, Jiya, Azadî« (Frauen, Leben, Freiheit) wurde am Sonnabend auch in Bern demonstriert
An Film »Rosie, die Nieterin« angelehnt: Feministischer Protest gegen Gewalt am Sonnabend in Paris
»Non Una di Meno« – Nicht eine mehr: Die Bewegung kämpft in Italien gegen Femizide und mobilisierte am Sonnabend in Rom
Die Protestierenden in Istanbul forderten am Sonntag die Umsetzung von Gewaltschutzgesetzen

Seit Jahren steigt die Gewalt und seit Jahren wird der Rotstift beim Gewaltschutz angesetzt: Zum Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt an Frauen und Mädchen gab es am Montag dennoch hehre Worte zu hören. »Es muss mehr Frauenhausplätze und Beratungsangebote geben, verlässlich finanziert. Opfer von Gewalt brauchen einen Anspruch auf Schutz«, schrieb etwa Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X. Oder auch puren Aktionismus ohne Nutzen: Denn Bundesinnenministerin Nancy Faeser glaubt, etwas mit einer Videokampagne ausrichten zu können, die über den Youtube-Kanal »Polizeiliche Kriminalprävention« läuft und auf Sensibilisierung »gerade unter jungen Menschen« zielt. Es sind jedoch Beamte, die Gewaltbetroffene um Hilfe bitten (müssen) – und von ihnen ebensooft nicht ernst genommen werden. Zudem konstatierte das Bundeskriminalamt bei der Vorstellung des Lagebilds vergangene Woche, das Risiko, Opfer eines Femizids zu werden, steige mit dem Alter.

Tatsache ist also weiterhin, dass die mangelhafte Ausstattung und Finanzierung der überlebenswichtigen Strukturen seit Jahren von Verbänden und Initiativen angeprangert wird und dass es weiterhin jeden Tag in Deutschland zwei bis drei Tötungsversuche gibt – im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundeskriminalamts 938 Frauen und Mädchen –, und an fast jedem Tag mündete die geschlechtsspezifische Gewalt in einem Femizid. Wie in anderen Bereichen auch sind rassifizierte und Frauen mit Behinderung sowie weiblich gelesene geschlechtliche und sexuelle Minderheiten noch häufiger davon betroffen. Nicht nur der migrantisch-feministische Dachverband Damigra warnt vor einer »Gefahr für unsere gesamte Gesellschaft« und spricht im Zusammenhang mit dem Anstieg der Gewalt bei gleichzeitigen Kürzungen von einem doppelten Angriff auf Frauenrechte und Frauenleben.

Das der Gewalt zugrunde liegende patriarchale System, das auf Ausbeutung und Kontrolle nichtmännlicher Geschlechter angewiesen ist, hat global betrachtet noch dramatischere Auswirkungen: Alle zehn Minuten wird weltweit eine Frau von ihrem Partner oder einem Familienmitglied getötet. »Das Zuhause bleibt der gefährlichste Ort« für Frauen, erklärte das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung am Montag anlässlich der Veröffentlichung des Jahresberichts 2023. Demnach wurden im vergangenen Jahr weltweit 51.100 Mädchen und Frauen von Verwandten oder männlichen Partnern getötet. Die Gewalt gegen Frauen habe »ein alarmierendes Ausmaß« angenommen – auf hohem Niveau auch innerhalb der Europäischen Union. Die Direktorin der EU-Grundrechteagentur, Sirpa Rautio, erklärte bei Vorstellung einer entsprechenden Umfrage, dass ein Drittel der insgesamt etwa 229 Millionen Frauen »geohrfeigt, geschlagen, getreten, vergewaltigt oder mit solcher Gewalt bedroht« wurde. »Im Vergleich zu 2014 sehen wir keine großen Fortschritte.«

Ähnliches muss für das seit langem angekündigte Gewalthilfegesetz konstatiert werden, bei dessen Finanzierung sich Familienministerin Elisabeth Paus (Grüne) nicht gegenüber Exfinanzminister Christian Lindner (FDP) behaupten konnte. Unmittelbar vor Koalitionsbruch zauberte Paus ihren Entwurf dann aus dem Hut und hofft nun auf eine Mehrheit noch in dieser Legislaturperiode mit den Stimmen der CDU/CSU. Es sieht vor, dass jede von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffene Frau mit ihren Kindern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhält – frühestens ab 2030, oder umgerechnet 1.800 Femizide später.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Peter Weyers aus Schwerte (26. November 2024 um 09:20 Uhr)
    Die Lage ist ernst, ohne Zweifel. Sie ist ernster als sie sein dürfte, ohne Zweifel. Das liegt daran, dass die Landesregierungen den Rechtsanspruch gewaltbetroffener Frauen auf Schutz, der sich aus der Istanbul-Konvention ergibt, nicht umsetzt. Dabei hat die Istanbul-Konvention Gesetzesrang in Deutschland. Hier ist vorgesehen, dass es pro 10.000 Einwohnern in einer Region einen Frauenhausplatz geben muss. Diese Anzahl gibt es bei Weitem nicht. Deshalb sind fast alle Frauenhausplätze dauerhaft belegt, was dazu führt, dass Frauen in einer akuten Notsituation keinen Schutz erhalten. Und in dieser Situation will die Landesregierung NRW Mittel bei der Förderung von Frauenhausplätzen kürzen. Damit nimmt die Landesregierung unter Beteiligung der Grünen in Kauf, dass auch in Zukunft Frauen Opfer von Gewalt werden. Von der €DU erwartet man nichts anderes, die Grünen sollten sich schämen. Solange die Istanbul-Konvention nicht umgesetzt wird, findet in Deutschland ein permanenter Rechtsbruch statt. Alle Frauen besonders, aber nicht nur die, können bei der nächsten Wahl entscheiden.
  • Leserbrief von Irena aus Bodensee (26. November 2024 um 07:36 Uhr)
    Der Artikel ist nicht schlecht, allerdings fehlen mir hier Konkretisierungen. Denn es darf auch über die Methodik der Gewaltbekämpfung gegen Frauen und Kinder diskutiert werden. Warum müssen Frauen und Kinder, wenn sie von Gewalttaten betroffen sind, komplett aus ihrem Leben aussteigen? Sie verlieren ihre sozialen Kontakte, oft auch ihr Einkommen und werden in Frauenhäusern verwahrt, wo sie dann auch noch für ihren Aufenthalt bezahlen müssen. Dieser Zustand gehört sofort verändert. Nicht mehr Frauenhäuser müssen entstehen, sondern Schutzmaßnahmen für Frauen und Kinder, die die Täter in die Verantwortung nehmen. Täter, oder potentielle Täter haben das Recht auf eine gesellschaftliche Teilhabe verwirkt und müssen das auch spüren. Dafür würde es genug Möglichkeiten geben, die aber, wenn genutzt, natürlich nur bei Menschen mit Migrationshintergrund eingesetzt werden. Die Polizei ist da absolut nicht hilfreich, im Gegenteil, sie beschützt oft noch die Täter aus einer patriarchalen Komplizenschaft heraus!

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