Frente Amplio gewinnt
Von Frederic SchnattererWeniger als 100.000 Stimmen haben den Unterschied gemacht: Das Linksbündnis Frente Amplio (FA) stellt in Uruguay den nächsten Präsidenten. Am Sonntag gewann FA-Kandidat Yamandú Orsi mit 49,8 Prozent der Stimmen die Stichwahl. Auf den zweiten Platz verwies er Álvaro Delgado vom Partido Nacional, der aktuell die Regierung stellt. Delgado kam auf 45,9 Prozent der Stimmen.
Nach fünf Jahren in der Opposition kommt die Frente Amplio damit zurück an die Macht. An der Uferpromenade der Hauptstadt Montevideo versammelten sich am späten Sonntag abend Tausende Anhänger des Linksbündnisses, um den Wahlsieg zu feiern. Vor der Menschenmenge kündigte Orsi an, ein Präsident sein zu wollen, der »immer und immer wieder zum nationalen Dialog aufruft, selbstverständlich mit unseren eigenen Vorschlägen, aber auch den anderen zuhörend«. Auch wenn es Meinungsverschiedenheiten gebe, dürfe »niemand zurückgelassen werden, nicht im Wirtschaftlichen, nicht im Sozialen und auch nicht im Politischen«, so Orsi weiter.
Dialogfähigkeit wird Orsi schon deshalb beweisen müssen, da FA im Parlament über keine eigene Mehrheit verfügt. Zwar dominiert das Linksbündnis – dem rund 40 Einzelparteien wie die einst starke Kommunistische Partei angehören – mit 16 von 30 Sitzen den Senat. Im Repräsentantenhaus verfügen die FA-Parteien allerdings nur über 48 von 99 Mandaten. Die noch amtierende Rechtsregierung von Luis Lacalle Pou hat 49, die ultrarechte Identidad Soberana zwei Sitze. Es ist das erste Mal, dass ein Präsident des Frente Amplio über keine Mehrheit im Parlament verfügt.
In der ersten Runde Ende Oktober war Orsi gemeinsam mit seiner Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, Carolina Cosse, mit 44 Prozent der Stimmen auf dem ersten Platz gelandet. Delgado lag mit rund 27 Prozent zwar deutlich abgeschlagen auf dem zweiten Platz, hatte sich jedoch Hoffnungen gemacht, in der Stichwahl die Stimmen der anderen Rechtskandidaten auf sich vereinen zu können. Vor Sonntag hatten die Umfragen ein technisches Patt vorhergesagt. Die Differenz von rund 92.000 Stimmen ist letztlich größer als erwartet. In Uruguay herrscht Wahlpflicht.
Orsi gilt als der Kandidat von José »Pepe« Mujica. Der Expräsident und Kämpfer gegen die Militärdiktatur, die von 1973 bis 1985 dauerte, ist noch immer einflussreich im Frente Amplio. Die Kandidatur von Orsi kann als Signal an die Mächtigen im Land verstanden werden, dass unter ihm als Präsident keine tiefgehenden Veränderungen zu befürchten sind. Das zeigte der künftige Staatschef bereits vor der ersten Wahlrunde, zu der auch zwei Volksbefragungen zur Abstimmung gestellt wurden. Den Vorschlag des Gewerkschaftsdachverbands PIT-CNT, das Renteneintrittsalter abzusenken, lehnte Orsi öffentlich als »zu weitgehend« ab.
Orsi tritt das Präsidentenamt am 1. März 2025 an. In den vergangenen fünf Jahren rechtskonservativer Regierung stieg die Armut im Land an. Heute gelten zehn Prozent der insgesamt 2,5 Millionen Uruguayer als arm. Unter den Kindern und Jugendlichen ist sogar ein Fünftel von Armut betroffen. Während des Wahlkampfs hatte Orsi wiederholt erklärt, er wolle den Kampf gegen die Kinderarmut zu einem der wichtigsten Themen seiner Regierung machen.
Auch der Kampf gegen die Drogenkriminalität wird einen großen Platz in der künftigen Regierung einnehmen. Laut dem Umfrageunternehmen Cifra ist die öffentliche Unsicherheit die größte Sorge der Menschen, nachdem im vergangenen Jahr auf 100.000 Einwohner 11,2 Tötungsdelikte entfallen waren, mehr als die Hälfte davon in der Hauptstadt Montevideo. In der Fernsehdebatte hatte Orsi erklärt: »Meine Gegner sind der Drogenhandel, das Verbrechen und die Korruption.« Er setzt auf 2.000 weitere Polizisten und eine Aufstockung der Videoüberwachung bis auf 20.000 Exemplare. So, versprach der künftige Staatschef, sollten die rund 50 im Land aktiven Drogenbanden zerschlagen werden.
Für Südamerika hat der Sieg des Frente Amplio auch eine wichtige symbolische Bedeutung. Entsprechend erfreut reagierten Politiker des linken Blocks aus anderen Ländern der Region. Gratulationen erreichten Orsi aus Chile, Brasilien, Bolivien und Mexiko. Auch der rechte Staatschef des Nachbarlands Argentinien, Javier Milei, gratulierte dem Wahlsieger.
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