Steiermark wählt rechts
Von Dieter Reinisch, WienEs ist ein weiterer Triumph für die Rechten: Nach dem Sieg der FPÖ bei der österreichischen Nationalratswahl Ende September, gewann die Partei am Sonntag auch die Landtagswahlen in der Steiermark. Im Vergleich zur vorherigen Abstimmung konnte sie mit 35 Prozent ihren Stimmenanteil verdoppeln. Bisher war es der FPÖ nur in ihrer einstigen Hochburg Kärnten gelungen, den ersten Platz zu belegen.
Die anderen Parteien erlebten am Sonntag eine Schlappe, nur die liberalen Neos sind zufrieden und könnten, wie auch im Bund, Königsmacher werden. Die konservative ÖVP, die bisher mit Christopher Drexler den Landeshauptmann stellte, verlor mehr als neun Prozentpunkte. Sie fiel auf unter 27 Prozent. In einer emotionalen Rede vor seinem Wahlkampfteam sagte Drexler am Sonntag abend unter Tränen: »Ich fühle mich wie das Bauernopfer der Republik.« Damit spielte er auf die in Wien laufenden Koalitionsverhandlungen an.
Es wird angenommen, dass die Koalitionsverhändler von ÖVP, SPÖ und Neos auf Bundesebene ihre Gespräche aus taktischen Gründen hinausgezögert hatten, um für ihre Koalition unter Ausschluss der FPÖ Rückenwind zu erhalten. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Im Gegenteil: Besonders innerhalb der ÖVP glauben viele, die Ausgrenzung der Rechten hätte deren Wahlsieg begünstigt. In seinem ersten Kommentar seit Veröffentlichung der Ergebnisse gestand Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) die Niederlage ein: »Es ist nicht gelungen, diese blaue Welle (gemeint ist die FPÖ, jW), die uns seit der Europa- und der Nationalratswahl erfasst hat, zu brechen.« Gleichzeitig attackierte er Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Grüne). Dessen Vorgehensweise, nicht die FPÖ als stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung zu betrauen, habe der ÖVP »nachweisbar schweren Schaden zugefügt«. In der Tat entschieden sich viele ehemalige ÖVP-Wähler für die »Freiheitlichen«, so eine Wählerstromanalyse des Sozialforschungsinstituts Foresight.
Auch die SPÖ hatte einen schlechten Tag: Sie verlor 1,6 Punkte und sank auf 21,4 Prozent. Nach Ende aller Stimmauszählungen könnte sie einen Sitz von jetzt noch elf an die liberalen Neos verlieren. Wie auch die ÖVP suchten auch die Sozialdemokraten die Gründe für die Wahlniederlage woanders. Während für die Konservativen der Bundespräsident schuldig ist, suchten die Sozialdemokraten ihr Abschneiden mit einem »internationalen Trend« zu begründen. So behauptete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim, »Rechtspopulisten« seien international auf dem Vormarsch. Es sei außerdem ein Duell zwischen FPÖ und ÖVP ausgerufen worden, in dem sich seine Partei nicht hätte positionieren können.
Marginal zulegen konnten die Neos. Sie halten weiterhin zwei Mandate. Die KPÖ hingegen musste mit einem Verlust von anderthalb Prozentpunkten, sie kommt nun auf rund 4,5 Prozent, beinahe um den Einzug in den Landtag bangen. KPÖ-Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler gab an, dass es sich offensichtlich um eine Protestwahl gehandelt habe. Der Bundestrend, die politische Großwetterlage sowie der medial künstlich herbeigeschriebene »Dreikampf um den Landeshauptmann« hätten dazu beigetragen, dass die KPÖ nicht reüssieren konnte. Und dennoch: »Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die Kommunistische Partei trotz des enormen Sogs nach rechts wieder in den Landtag eingezogen ist.«
Konservative und Sozialdemokraten halten nur noch maximal 24 der 48 Sitze im kommenden steirischen Landtag – zu wenig für eine Zweierkoalition. Ob eine der beiden mit den Rechten eine Koalition bildet, blieb unklar. Zwar ist die FPÖ auf Landesebene bereits in vier der neun Bundesländer in Regierungsverantwortung – zuletzt schmiedete sie eine Koalition mit der ÖVP in Vorarlberg –, doch ist die Begeisterung anderer Parteien, Juniorpartner »der Blauen« zu werden, gering. Somit wäre auch in der Steiermark eine Dreierkoalition möglich. Anders als die Neos haben die Grünen, deren Ergebnis sich auf sechs Prozent halbierte, schlechtere Karten, um mitzumischen. Durch den Verlust könnte ihnen auch der Fraktionsstatus im Bundesrat, der durch die Landtage beschickt wird, verlorengehen.
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