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Aus: Ausgabe vom 26.11.2024, Seite 7 / Ausland
Griechenland

Syriza mit neuem Chef

Griechenland: Linke stürzt weiter ab. Exvorsitzender gründet rechtssozialdemokratische Partei
Von Hansgeorg Hermann
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In der griechischen Politik kein Unbekannter: Sokratis Famellos

Griechenlands Linke hat sich in Minderheiten aufgelöst und sieht einem quälenden politischen Tod entgegen. Das dürfte das Fazit dieses Wochenendes sein: Am Sonnabend gründete der ehemalige Vorsitzende der vormaligen Linkspartei Syriza, Stefanos Kasselakis, eine neue Partei namens Demokratische Bewegung (Kinima Dimokratias, KD). Einen Tag später wählten seine alten Parteifreunde einen neuen Vorsitzenden. Der heißt Sokratis Famellos, war Fraktionsführer im griechischen Parlament und gehörte zu Kasselakis’ innerparteilichen Gegnern. Die sogenannte linke politische Mitte teilen sich nun drei statt bisher zwei Parteien: die sozialdemokratische Pasok, Syriza und die neue KD. Alle drei sind in der Minderheit und zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne jede Chance, der rechtskonservativen Regierungspartei Nea Dimokratia mit Regierungschef Kyriakos Mitsotakis die Mehrheit streitig machen zu können. Im linken Abseits, aber mit stabilen Umfragewerten halten sich nach wie vor die Kommunisten, deren Wähler ihre politische Positionierung jeweils an die nächste Generation vererben.

Der neue Parteichef Famellos verfehlte bei der Urabstimmung der Syriza-Gemeinde mit 49,41 Prozent der Stimmen knapp die eigentlich notwendige absolute Mehrheit. Sein Gegenpart Pavlos Polakis, der 43,51 Prozent der Stimmen einsammelte, erkannte ihn trotzdem als Sieger an. Er wolle der vom mehr als einjährigen Richtungsstreit zermürbten Partei »keine zweite Abstimmung zumuten«. An der Orientierung Syrizas hin zur bereits überfüllten politischen Mitte hätte das ohnehin nichts geändert. Polakis, der im September 2023 dem urplötzlich aus dem politischen Nichts aufgetauchten Kasselakis erst zum Parteivorsitz verhalf und in den Monaten danach für dessen Sturz sorgte, gilt als begnadeter Intrigant.

Zu einem Auseinanderbrechen von Syriza hatte in den vergangenen Monaten und Wochen geführt, dass Exchef Kasselakis linke Programmatik – Beschäftigungs-, Sozial- und Bildungspolitik – ohne Zögern über Bord warf und die Partei, ohne die Gremien zu bemühen, als eine Art bessere, »progressive« Version der Nea Demokratia zu verkaufen suchte. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach seinem Aufstieg zum Chef trat das Zentralkomitee zusammen und wählte den rechtslastigen Millionär und ehemaligen Trader des Geldhauses Goldman Sachs Anfang September mit großer Mehrheit wieder ab. Mit seiner neuen Partei will Kasselakis im rechten sozialdemokratischen Teich fischen – ein Plan, der nach Ansicht der Athener Tageszeitung Efimerida ton Syntakton wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Die parteiinternen Turbulenzen schlagen sich auch in der Wählermeinung nieder. Vor zwei Wochen in der konservativen Zeitung Kathemerini veröffentlichte Umfragen zeigen, dass nur noch 5,2 Prozent der Befragten Syriza wählen würden – 2015 hatte die Partei mit ihrem damaligen Chef Alexis Tsipras rund 36 Prozent der Wählerstimmen gewonnen. Mit dem Austritt mehrerer Abgeordneter aus der Fraktion verlor die Partei in der vergangenen Woche ihre Stellung als Oppositionsführerin. Den Titel darf nun Nikos Androualkis tragen, Chef der seit 1974 in der Panhellinistischen Bewegung (Pasok) versammelten Sozialdemokraten alten Stils. Im Katastrophenjahr der Syriza verdoppelte die Pasok nun zwar ihren geschätzten Stimmanteil auf 16,2 Prozent. An Mitsotakis’ Nea Dimokratia kommt allerdings auch sie nicht heran. Die Regierungspartei lag in diesen Tagen mit knapp 24 Prozent der Stimmen vorn – trotz bisweilen dröhnender Missstimmung im Volk: die schleppende Aufarbeitung des verheerenden Eisenbahnunfalls, der im Februar 2023 mehr als 50 Todesopfer gefordert hatte, fehlendes Schutzprogramm gegen die gewaltigen sommerlichen Waldbrände, Krankenhäuser ohne Personal, Bildungspolitik für die Reichen.

Syriza musste in diesen Tagen sogar die rechte Helliniki Lysi (Griechische Lösung) mit 7,7 Prozent an sich vorbeiziehen lassen. Die hat in den vergangenen beiden Jahren die versprengten Truppen der inzwischen verbotenen »Goldenen Morgendämmerung« eingesammelt – jedenfalls jene, die Mitsotakis nicht vorher schon in die Nea Dimokratia integriert hatte.

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