Siezfreund des Tages: Helmut Markwort
Von Felix BartelsDer Kommunismus hat so viele Definitionen wie Bewunderer. Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen (Marx), Sowjetmacht plus Elektrifizierung (Lenin), wenn Shakespeare verstanden wird (Hacks), das Einfache, das schwer zu machen ist (Brecht). Und ebenso viele wie Hater hat er auch. Kein Verstand (Churchill), von Ulbricht erwürgt (Leonhard), die Hölle (Popper). Nun hat Helmut Markwort, bislang nicht als Subjekt der Theoriegeschichte in Erscheinung getreten, dem Thesaurus des hatenden Bescheidwissens eine weitere Bestimmung beigefügt. Auf die Frage der Augsburger Allgemeinen, warum er seinen Buddy Burda unvermindert sieze, antwortete er: »Weil Duzen der Anfang von Kommunismus ist. Die Duz-Gesellschaft ist furchtbar.«
Nun kann sich gewiss, was Marx dereinst erdacht hat, vor dummen Zulauf nicht schützen. Wie jede andere Idee auch: Politischer Inhalt als solcher ist nicht intelligibel, er sagt viel mehr über einen Charakter denn eine geistige Verfassung was aus. Neben dem wandelnden Aktendeckel, der Frau vom Campingplatz, dem Kathedersozialisten und anderen Wachsfiguren gehört auch der Arbeiterbewegungsduzer zu den Archetypen der skurrilen K-Fans. Lieber als Wein trinkt er Bier, Willy Bredel ist ihm der Höhepunkt der Weltliteratur, und er respektiert keine Arbeit, die nicht primär physisch verrichtet wird. Soller doch. Man mag ihn ja dennoch, und er einen eigentlich auch. Heikel wird es erst, wenn ausgerechnet er beginnt, einen zu siezen. Wie umgekehrt kein Zeichen von Zuneigung wäre, wenn Markwort ins Du wechselt.
Das Sie und das Du, soll damit gesagt sein, haben nicht an sich einen Höflichkeitswert. Im Grunde markieren sie zwei Sprachen desselben Inhalts. Und der Kommunismus? Nee, nee, Markwort, der Anfang von dem ist, wenn du enteignet wirst, pardon: wenn Sie enteignet werden.
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vom 26.11.2024