Indiens Mogul im Visier
Von Thomas BergerEinmal mehr sieht sich Gautam Adani, einer der reichsten Männer Asiens, im Mittelpunkt eines Skandals. Die US-Börsenaufsicht United States Securities and Exchange Commission (SEC) erhebt schwere Vorwürfe gegen den 62jährigen Multimilliardär, der als enger Vertrauter des indischen Premierministers Narendra Modi gilt. Es geht um Schmiergelder in Höhe von 265 Millionen US-Dollar, die eine Firma der Adani Group an Regierungsbeamte gezahlt haben soll, um an lukrative Solarprojekte im Umfang von zwei Milliarden Dollar zu gelangen. Die Anklage wurde bereits am vorigen Mittwoch eingereicht. Am Wochenende wurde sowohl Gautam Adani als auch seinem mitangeklagten Neffen Sagar Adani über ein New Yorker Gericht ein Schreiben mit der Aufforderung übermittelt, sich binnen drei Wochen zu den Vorwürfen zu äußern. Laut Medienberichten soll mindestens ein halbes Dutzend weitere Firmenvertreter in den Fall verwickelt sein. Im Fokus steht das Unternehmen Adani Green Energy, dem Sagar Adani als Direktor vorsteht. Dessen Aktienkurs war zuletzt auf 1.050 US-Dollar eingebrochen. Noch vor drei Wochen lag die Aktie bei über 1.700 Dollar, am 25. September sogar bei einem bisherigen Jahreshöchstwert von 2.066 Dollar. Die US-Börsenaufsicht ist mit dem Fall befasst, weil es insbesondere um die Täuschung von Anlegern aus den Vereinigten Staaten gehe, vor denen das mutmaßlich umfangreiche Schmiergeldsystem verschleiert worden sei.
Wert aufgebläht
Die Vorwürfe entbehrten jeder Basis, hieß es in ersten, denkbar kurzen Verlautbarungen aus Konzernkreisen. Konkret wollte sich die Adani Group bislang nicht äußern. Man müsse sich mit seinen Rechtsbeiständen beraten, teilte Adanis Finanzchef Jugeshinder Robbie Singh am Sonntag über einen Post bei X mit. Er verwies auf die Unschuldsvermutung, die auch Adani zustehe. Noch sei niemand verurteilt, nicht einmal ein formelles Gerichtsverfahren wurde bislang gegen eines der elf börsennotierten Unternehmen der Gruppe eröffnet. Allerdings haben viele nicht vergessen, dass vor knapp zwei Jahren, Anfang 2023, das Investmentunternehmen Hindenburg Research dem Firmengründer Börsenmanipulation vorgeworfen hatte. Adani habe, um weitere Investoren zu locken, den Wert seines Imperiums künstlich aufgebläht. Binnen weniger Wochen gab es regelrechte Kursstürze, die sich auf Verluste von rund 100 Milliarden Dollar summierten, das persönliche Vermögen Gautam Adanis nahezu halbierten.
Auch der neue mutmaßliche Skandal um das Geschäftsgebaren des Megakonzerns wirkt sich bereits nicht nur auf die Börsennotierungen aus. In einer Regierungserklärung vor dem Parlament kündigte Kenias Präsident William Ruto am Donnerstag, nur einen Tag nach Bekanntwerden der Vorwürfe, an, zwei geplante Deals mit Adani-Töchtern im Gesamtumfang von fast 2,6 Milliarden Dollar zu stoppen. Es geht um eine Flughafenübernahme und den Bau von Stromleitungen. Der indische Konzern hätte im Gegenzug für Investitionen von 1,85 Milliarden Dollar für 30 Jahre die Betreiberrechte am größten Flughafen des ostafrikanischen Landes erhalten. In Indien betreibt Adani schon den Flughafen der Wirtschaftsmetropole Mumbai.
Slum gekauft
In der 25 Millionen Einwohner zählenden Megametropole an der Westküste, wo die sozialen Kontraste so extrem sind wie nirgends sonst auf dem Subkontinent, hat sich der Konzern auch vor zwei Jahren die Entwicklungsrechte für das Gelände von Dharavi, den größten Slum Asiens, gesichert. Gegen die Zusage, parallel für etwa 700.000 offiziell als berechtigt eingestufte Slumbewohner kostenlose Sozialwohnungen zu bauen, soll Adani dort ein lukratives Hochhausviertel errichten dürfen. Dass die Hindunationalisten der BJP von Premier Modi gerade im Bundesstaat Maharashtra die Regionalwahlen deutlich gewonnen haben, begünstigt die Pläne. Generell gilt der wirtschaftliche Aufstieg Adanis als eng mit der politischen Karriere Modis verknüpft. Oppositionsführer Rahul Gandhi von der altehrwürdigen Kongresspartei forderte bereits öffentlich die Festnahme des Moguls und eigene Ermittlungen auch in dessen Heimat.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Kahlschlag bei »Depot«
vom 26.11.2024