Kahlschlag bei »Depot«
Von Niki UhlmannInsolvent dekoriert es sich nicht schön. Das gilt für Kapital und Arbeit gleichermaßen. Aller weihnachtlichen Stimmung und Werbung zum Trotz grassiert Konsumzurückhaltung. Klimbim, Krams und Krempel werden weniger abgesetzt und bei Herstellung wie Verkauf teurer. Den sogenannten Spezialisten für »innovatives Einrichten« »Depot« zwingt das in die Knie. Er kündigt Kürzungen an.
»Läden, mit denen wir kein Geld verdienen, werden wir konsequent schließen«, drohte Christian Gries, Geschäftsführer seiner Gries Deco Holding GmbH, am Wochenende gegenüber dpa. Noch zählt die Website 530 Filialen, die unter der Marke »Depot« laufen. Davon sollen 27 in der BRD dichtgemacht werden. 17 seien bereits geschlossen worden, mehr könnten folgen. 2022 machte der Konzern 87 Millionen Euro Miese. Die meisten Beschäftigten würden versetzt, nur 50 von 3.350 verlören ihren Job. In der Zentrale in Niedernberg hätte man indes bereits 150 Beschäftigte entlassen. Die Probleme fingen offenbar schon während der Coronakrise an: Aufgrund voller Lager, geschlossener Läden und Verzögerungen in der Lieferkette sei der Umsatz eingebrochen. Inzwischen seien Rohstoff-, Fracht- und Miet- wie Nebenkosten so stark gestiegen, dass das Geschäftsmodell in die Krise geriete. Allerdings hatte schon die aggressive Expansion nach dem Einstieg des Schweizer Handelsriesen Migros im Jahr 2009 zwar den Umsatz, nicht aber die Gewinne gesteigert. Zehn Jahre später stieg Migros wieder aus. »Wir müssen besser werden«, schlussfolgert Gries.
Zentrale Herausforderung dürfte sein, dass die Kundschaft weniger Geld für »Einrichtungsinnovationen« ausgeben kann oder will. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Appinio ergab vergangenen September, dass sieben von zehn Menschen sich weniger leisten können. 64 Prozent gaben an, auf neue Einrichtungsartikel verzichten zu müssen. Gries verwies zudem auf die zunehmende Konkurrenz durch Portale wie Temu, die weniger Standards befolgen müssten, und Krempeldiscounter wie »Action«. Die österreichische »Depot«-Tochter konnte Mietminderungen aushandeln. Dasselbe würde in der BRD versucht.
In der »Depot«-Filiale am Berliner Alexanderplatz wurde jW am Montag von der Filialleiterin abgewimmelt. Über die Stimmung im Betrieb und Löhne könne und wolle sie keine Aussagen treffen. Der Konzern antwortete bis zum Redaktionsschluss nicht auf Nachfragen.
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